Im neuen Erfurter Landtag sind eine Fortsetzung der schwarz-roten Koalition unter Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) wie auch ein rot-rot-grünes Bündnis unter Führung der Linkspartei rechnerisch denkbar knapp möglich. In Brandenburg kann SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke auswählen, ob er die Koalition mit einer deutlich geschwächten Linkspartei fortsetzt oder die CDU zum Partner nimmt. Die eurokritische AfD zieht zweistellig in beide Landtage ein. Die FDP scheitert indes bei beiden Wahlen an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Wahlbeteiligung ging in beiden Ländern zurück, in Brandenburg ging nicht einmal jeder zweite zur Wahl.

Ein Paukenschlag sind vor allem der Absturz der SPD in Thüringen und das Abschneiden der AfD in beiden Ländern. Offenbar bekam die thüringische SPD damit die Quittung dafür, dass sie erstmals offengehalten hatte, womöglich in einem rot-rot-grünen Bündnis Bodo Ramelow von der Linkspartei zum ersten Ministerpräsidenten der Linken überhaupt zu wählen. Ein Regierungsbündnis unter Führung Ramelows war bei den Wahlberechtigten laut ZDF-Umfragen unpopulärer als eine Neuauflage der großen Koalition.

Die Wahl in Thüringen wurde eine Zitterpartie. Eine Hochrechnung der ARD hatte zunächst nur für Schwarz-Rot eine Mehrheit ergeben. Im Verlauf des Wahlabends kristallisierte sich aber heraus, dass sowohl Schwarz-Rot als auch Rot-Rot-Grün auf die denkbar knappste Mehrheit von 46 der 91 Landtagsmandate kommen. Für Schwarz-Grün reicht es ebenso wenig für eine Koalition aus CDU und AfD. Letzteres hatte Lieberknecht ohnehin ausgeschlossen.

Auf Seite 2: GABRIEL: UNKLARE KOALITIONSAUSSAGE DER SPD MITVERANTWORTLICH

GABRIEL: UNKLARE KOALITIONSAUSSAGE DER SPD MITVERANTWORTLICH

"Das ist ein bitteres Ergebnis für die SPD", räumte Thüringens SPD-Chef Christoph Matschie ein. "Wir haben fünf Jahre gute Regierungspolitik gemacht, aber wir müssen dieses Ergebnis akzeptieren." Die SPD hatte vor der Wahl angekündigt, sie werde nach Sondierungsgesprächen mit möglichen Regierungspartnern ihre Mitglieder über eine Fortsetzung der Koalition mit der CDU oder die Bildung eines Bündnisses mit der Linkspartei entscheiden lassen. Die Landespartei spaltet sich in Gegner und Befürworter einer Koalition mit der Linkspartei.

Lieberknecht sieht in einer dünnen Mehrheit kein Hindernis für eine Regierungsbildung unter ihrer Führung. "Wenn es knappe Mehrheiten sind, sind es knappe Mehrheiten", sagte sie.

SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte als Grund für den Absturz der SPD auf gut zwölf Prozent indirekt auch die Offenheit für ein Bündnis unter Führung der Linkspartei. Mitverantwortlich sei am Ende "vermutlich eben auch die Unklarheit, mit wem man die Regierung bilden will". Bei der SPD in Thüringen müsse es einen Neuanfang geben, sagte Gabriel im ZDF.

Auf Seite 3: IN BRANDENBURG BRICHT LINKSPARTEI EIN

IN BRANDENBURG BRICHT LINKSPARTEI EIN

Auch in Brandenburg brach der kleinere Koalitionspartner ein. Die Linkspartei büßte im Bündnis mit der SPD neun Prozentpunkte ein. Die SPD gab leicht nach, blieb aber mit Abstand stärkste Kraft. Die CDU legte um über drei Punkte zu. Damit sind sowohl die Fortsetzung der rot-roten Koalition als auch ein rot-schwarzes Regierungsbündnis möglich.

Woidke hält sich nach dem Wahlsieg seiner SPD beide Optionen offen: "Es gibt da nach wie vor keine Priorität." SPD-Fraktionschef Klaus Ness kündigte an: "Wir werden sowohl mit der CDU als auch mit den Linken reden." Die Wahlbeteiligung in Brandenburg fiel auf 47,9 Prozent nach 67,0 Prozent im Jahr 2009, als die Landtagswahl mit der Bundestagswahl zusammenfiel. Brandenburg ist nach Sachsen damit das zweite ostdeutsche Bundesland, in dem 25 Jahre nach dem Mauerfall weniger als die Hälfte zur Wahl gingen.

In Thüringen kommt die CDU nach dem vorläufigen Endergebnis auf 33,5 Prozent der Stimmen nach 31,2 Prozent 2009. Die Linkspartei erreicht 28,2 (2009: 27,4) Prozent und damit ihr bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl überhaupt. Die SPD rutscht auf 12,4 (von 18,5) Prozent ab. Die AfD kommt aus dem Stand auf 10,6 Prozent. Die Grünen erzielen 5,7 (6,2) Prozent. Die FDP stürzt nach 7,6 Prozent im Jahr 2009 auf 2,5 Prozent ab. Die Wahlbeteiligung sank auf 52,7 Prozent.

In Brandenburg kommen die seit der Wiedervereinigung dort regierenden Sozialdemokraten auf 31,9 Prozent nach 33 Prozent vor fünf Jahren. Die Linkspartei verschlechterte sich auf 18,6 Prozent nach 27,2 Prozent. Die CDU legt um über drei Punkte auf 23,0 (2009: 19,8) Prozent zu. Die AfD kommt aus dem Stand auf 12,2 Prozent. Die Grünen erreichen 6,2 nach 5,7 Prozent 2009. Die FDP stürzt von 7,2 Prozent auf 1,5 Prozent ab.

Reuters