Laschet selbst dankte Söder in Berlin für eine faire Auseinandersetzung und betonte, dass der CSU-Chef eine "zentrale Rolle" im Unions-Bundestagswahlkampf spielen werde. Zugleich sprach er mit Blick auf die Bundestagswahl von einer "Richtungswahl" und forderte einen engen Schulterschluss von CDU und CSU.

Söders Rückzug beendete eine sehr heftige Auseinandersetzung in der Union, in der sich auch etliche CDU-Politiker gegen Laschet und für den CSU-Chef ausgesprochen hatten. Der CDU-Bundesvorstand hatte in der Nacht zum Dienstag dann aber nach mehr als sechsstündiger kontroverser Diskussion mit 77,5 Prozent für Laschet als Kanzlerkandidat der Union gestimmt. 31 Mitglieder votierten für den Parteichef, neun CDU-Politiker stimmten für Söder, sechs enthielten sich. Söder hatte zuvor angekündigt, dass er das Votum akzeptieren werde. CSU-Generalsekretär Markus Blume bezeichnete seinen Parteichef aber als "Kandidat der Herzen".

Der CDU-Chef wies Einschätzungen etwa aus der Opposition zurück, dass durch die Auseinandersetzung Schäden bei beiden Parteivorsitzenden blieben. Dies sei nicht der Fall. Laschet betonte, dass er auch künftig eine offene, transparente und kontroverse Auseinandersetzung in der CDU wolle und fördern werde. Es sei richtig und gut gewesen, dass sich Kanzlerin Angela Merkel aus der Wahl des Kanzlerkandidaten herausgehalten habe. Denn nach ihrem Abtritt beginne "eine neue Zeit", sagte Laschet.

Angesichts der kritischen Stimmen in der CDU mahnte etwa CDU/CSU-Bundestagsfraktionchef Ralph Brinkhaus Geschlossenheit auch der Fraktion an, die am Dienstagnachmittag tagte und zu der Laschet zugeschaltet war. Zuvor hatte etwa der CDU-Bundestagsabgeordnete Fritz Güntzler gegenüber "Bild" von "chaotischen Zuständen" im Bundesvorstand gesprochen. Die Ausgangsvoraussetzungen für den Bundestagswahlkampf wären mit Söder "viel besser gewesen". Ähnlich äußerte sich die Bremer CDU-Abgeordnete Elisabeth Motschmann: "Die Voraussetzungen sind natürlich schwer, weil wir ohne die Basis schwer Wahlkampf machen können", sagte sie "Bild". Laschets Umfragewerte seien "eine schwere Hypothek für den Wahlkampf". Der CSU-Chef hatte als Argument für seine Kandidatur seine besseren Umfragewerte genannt. Der Berliner CDU-Politiker Stephan Schmidt sprach von etlichen Parteiaustritten, weil sich die Basis nicht eingebunden fühlte.

Viele CDU-Politiker wie Friedrich Merz, CDU-Vize Julia Klöckner oder der sachsen-anhaltinische Landesvorsitzende Sven Schulze beglückwünschten Laschet dagegen bereits vor Söders Rückzug und sagten ihm ihre Unterstützung zu. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock und der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz gratulierten Laschet und betonten auf Twitter, dass sie auf einen fairen Wahlkampf hofften. FDP-Generalsekretär Volker Wissing äußerte sich anerkennend: "Egal, wie man zu Herrn Laschet stehen mag, aber wer so überlegt vorgeht, so viel aushält und so ein Stehvermögen beweist, dem kann man das Kanzlerpotential nicht ganz absprechen", twitterte der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister. Ähnlich äußerte sich der Präsident der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA): "Wer die damals populäre SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in einem SPD-Stammwählerland, nämlich Nordrhein-Westfalen, schlägt, sich gegen einen starken Mitwerber für den CDU-Bundesvorsitz, Friedrich Merz, durchsetzt und sich gegen den CSU-Vorsitzenden behauptet, der kann auch Kanzler", sagte Rainer Dulger der "Augsburger Allgemeinen".

LASCHET NENNT SCHWERPUNKT DER UNIONSAUSRICHTUNG


Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident nutzte die Gelegenheit des ersten Auftritts nach der Entscheidung über die Kanzlerkandidatur, um seine Schwerpunkte im Unions-Wahlkampf zu skizzieren. Zunächst gehe es um die Bewältigung der Corona-Krise. Als größte Herausforderungen nannte der Unions-Kanzlerkandidat dann die Bewältigung der wirtschaftlich und finanziell schwierigen Zeit nach der Pandemie und kündigte zudem ein "Aufstiegsversprechen" für Kinder ungeachtet ihrer sozialen Herkunft an. Zudem betonte Laschet die nötige europäische und internationale Einbindung Deutschlands. Die Bundesrepublik müsse zusammen mit anderen Demokratien für Menschenrechte in der Welt kämpfen. "Unser Land führt in der Welt nicht durch Größe und Einschüchterung, sondern durch Exzellenz, Vorbild und Menschlichkeit", sagte der CDU-Chef. Die starke Europaorientierung Laschets nannte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak einen wichtigen Punkt bei Laschet.

rtr