Sie fragen, wir antworten! Die Redaktion von Euro am Sonntag beantwortet Leseranfragen zu Rechts-, Finanz- und Versicherungsthemen. Von Martin Reim, Euro am Sonntag

Meine Mutter wollte drei Versicherungsverträge über einen Vertreter abschließen. Der Mann machte den Abschluss davon abhängig, dass meine Mutter das vorgeschriebene Beratungs­protokoll unterzeichnet. Durfte er das?

€uro am Sonntag:
Grundsätzlich ja. "Letztendlich hängt ein Vertrag von zwei Willenserklärungen ab. Auch der Versicherer kann frei entscheiden, ob er den Vertrag mit dem Verbraucher schließen möchte oder nicht", sagt eine Sprecherin der Verbraucherschutzorganisation Bund der Versicherten. Aus rechtlicher Sicht sei eine Unterzeichnung des Protokolls nicht zwingend - weder für den Vermittler noch für den Kunden.

Merten Larisch, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Bayern, rät sogar explizit von einer solchen Unterschrift durch den Kunden ab: "Er würde hiermit teilweise Formulierungen für Empfehlungen des Vermittlers von der Haftung freistellen, die er selbst - von der juristischen Tragweite her - schwer einschätzen kann. Das könnte ihm einen Weg verbauen, im Fall einer Falschberatung Schadenersatz durchzusetzen." Das geschilderte Vorgehen des Versicherungsvermittlers sei in seiner beruflichen Praxis seit Start der Protokollpflicht im Jahr 2007 noch nicht vorgekommen, sagt Larisch. "In Ihrem Fall ist nicht auszuschließen, dass der Vermittler durch eine Schutzbehauptung einen situationsbedingten Druck aufbauen wollte, um die Verträge ohne eigenes Haftungsrisiko vermitteln zu können."

Akzeptabel sei es dagegen, wenn die Versicherungsgesellschaft eine Unterschrift des Kunden über den bloßen Erhalt des Beratungsprotokolls wünsche. Der Kunde könne auch auf eine Beratung oder ein Protokoll durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten. Solch ein Verzicht ist nach Ansicht des Experten jedoch nicht empfehlenswert.