Die Kapitalseite habe kein Entgegenkommen signalisiert. "Es hat keinerlei Zugeständnisse gegeben." Beide Seiten verträten ihre Positionen geschlossen. "Aus heutiger Sicht läuft es auf einen Showdown am 3. Mai hinaus".

Dann soll der Aufsichtsrat letztlich über den 60 Milliarden Euro schweren Zusammenschluss zum größten Industriegasekonzern der Welt entscheiden. Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle hatte angekündigt, die Fusion im Fall eines Patts mit Hilfe seines doppelten Stimmrechts durchzusetzen.

Der Manager erregt mit der Ankündigung erneut den Zorn der IG Metall, die ihn erstmals öffentlich in Zweifel zog. "Mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, ist das Gegenteil von Mitbestimmung. Das sollte Herr Reitzle wissen", erklärte Bayerns IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler. Wenn Reitzle dazu nicht in der Lage sei, stelle sich die Frage, "ob er der Richtige für Linde ist", erklärte der Gewerkschafter weiter. "Herr Reitzle scheint zu glauben, dass eine solche Fusion auch gegen die betroffenen Beschäftigten durchgezogen werden kann. Die Erfahrung mit fehlgeschlagenen grenzüberschreitenden Transaktionen beweist das Gegenteil. Bei solch komplexen Zusammenführungen von kulturell sehr unterschiedlichen Unternehmen müssen die Beschäftigten voll mitziehen. Dies ist bei Linde nicht gegeben."

Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat hatten vergangene Woche angekündigt, geschlossen gegen die Fusion mit Praxair zu stimmen. Sie fürchten um Arbeitsplätze und die Mitbestimmung auf Konzernebene, wenn der gemeinsame Firmensitz wie geplant ins Ausland verlegt wird. Sie hoffen auf eine Spaltung der Kapitalvertreterseite angesichts des Streits. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die sehr erfahrenen und verdienten Kapitalvertreter im Aufsichtsrat in einer solchen Situation vor den Karren von Herrn Reitzle spannen lassen", erklärte Wechsler.

Flankenschutz hatten die Gewerkschafter und Betriebsräte aus dem Bundeswirtschaftsministerium und von der bayerischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) erhalten. Am Donnerstag sprachen sich fünf Münchner Bundestagsabgeordnete gegen eine Verlegung aus. "Neben dem möglichen Wegfall von Arbeitsplätzen geht es auch um den Erhalt von technologischer Spitzenfähigkeit", erklärten die CSU-Parlamentarier um Johannes Singhammer. "Im Hinblick auf die geplante Linde-Fusion mit anschließender Verlagerung des Firmensitzes stehen wir daher an der Seite der Arbeitnehmer. Ohne deren Zustimmung soll die Fusion nicht vollzogen werden."

rtr