Margarete Steiff wurde als drittes von vier Kindern 1847 in Giengen an der Brenz geboren. Im Alter von 18 Monaten erkrankte sie an Kinderlähmung, dennoch war sie ein fröhliches Kind. Sie hatte gute Schulnoten und erkämpfte sich ihren Platz: Ihre Geschwister und Nachbarskinder halfen mit, brachten sie im Leiterwagen zur Schule. Das selbstbewusste Kind fiel früh durch gutes Organisationstalent auf. Margarete Steiff setzte sich gegen ihre Eltern durch und besuchte eine Nähschule. Trotz ihrer körperlichen Beeinträchtigung - ihre rechte Hand war gelähmt, und sie war auf einen Rollstuhl angewiesen - wurde sie eine gute Schneiderin.

Bald war sie mit vielen kleinen Aufträgen so erfolgreich, dass sie einige Nähmaschinen kaufen konnte. Aus der kleinen Schneiderei wurde ein Unternehmen mit Ladengeschäft und mehreren fest angestellten Näherinnen. Mutig wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit.

In der Modezeitschrift "Modewelt", in der sich Margarete Steiff über die neuen Trends und den Zeitgeschmack der Mode informierte, entdeckte sie 1879 das Schnittmuster eines kleinen Elefanten. Sie und ihre Näherinnen produzierten zwei Säcke der Rüsseltiere aus Filz, die eigentlich als Nadelkissen gedacht waren, für den wöchentlichen Markt in Heidenheim. Das "Elefäntle" war ein voller Erfolg, alle Exemplare wurden verkauft. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand Kinderspielzeug aus robusten Materialien wie Holz oder Metall. Puppen hatten Köpfe aus Porzellan. Der kleine Elefant war für die Kinder ein neues, weiches und anschmiegsames Spielzeug.

Um 1890 musste neues Produktionsmaterial eingekauft werden, und Steiff erwarb für 5070 Mark Filzstoffe, um weitere Tiere wie Hunde, Katzen und Bären zu produzieren, die oftmals ein fahrbares Untergestell mit vier Rädern hatten. Zwei Jahre später wurde ein erster Katalog gedruckt, in dem Margarete Steiffs Motto zu lesen war: "Für Kinder ist nur das Beste gut genug".

Von Anfang an setzte sie daher auf eine hohe Qualität der Materialien, denn die Robustheit der Spielzeugtiere war ihr wichtig. Schließlich sollten die Kuscheltiere ein langes Leben haben. Dies entpuppte sich als Erfolgsgarant: Der Umsatz stieg stetig, und bald wurde ein erstes Fabrikgebäude mit einer behindertengerechten Wohnung für Steiff gebaut. Sie blieb zwar kinderlos, liebte ihre fünf Neffen aber wie ihre eigenen Kinder. Stets durften diese die neu kreierten Stofftiere als Erste ausprobieren.

Eine besondere Beziehung hatte Steiff zu ihrem Neffen Richard. Sie schätzte seine Fantasie und künstlerische Seite. Richard Steiff besuchte die Kunstgewerbeschule in Stuttgart und studierte in England. Er sollte zum kreativen Vordenker des Familienbetriebs werden.

1902 entwickelte Richard Steiff dann den Verkaufsschlager des Unternehmens: Es war der Teddybär mit der Bezeichnung "55 PB". Die Zahl 55 beschrieb die Größe von 55 Zentimetern. P stand für das Material Plüschmohair und B für "bewegliche Körperteile" - eine völlige Neuheit, denn bis dahin waren einzelne Körperteile wie Kopf, Arme und Beine bei Stofftieren unbeweglich. Richard Steiff stellte das Modell im selben Jahr auf der Leipziger Spielwarenmesse vor. Zu Beginn der Messe hielt sich das Interesse der Besucher an den beweglichen Plüschbären noch in Grenzen. Am Ende jedoch waren 3000 Exemplare an einen amerikanischen Geschäftsmann verkauft.

Dieser Geschäftsmann war Hermann Berg, ein Bruder des Komponisten Alban Berg. Er war einflussreicher Chefeinkäufer von Geo. Borgfeldt & Co., einem Spielwarenunternehmen mit Sitz in New York und Niederlassungen in San Francisco und Chicago. Bereits ein Jahr später verkaufte Steiff 12 000 Exemplare des Bären. Dank des damaligen amerikanischen Präsidenten Theodore "Teddy" Roosevelt erhielt der zunächst namenlose Bär seinen bis heute bekannten Namen Teddy. Roosevelt weigerte sich bei einem Jagdausflug, einen angebundenen Bären zu erschießen und wurde aufgrund dieses Vorfalls von dem Karikaturisten Clifford K. Berryman in der Zeitung "Washington Post" immer mit einem Bären dargestellt. Das war für den Teddybären die beste Werbung - der Teddy-Boom begann, und die Marke Steiff erreichte weltweite Bekanntheit.

Markenzeichen "Knopf im Ohr"

Trotz lokaler Mitbewerber und der verhältnismäßig hohen Preise für die plüschigen Bärchen entwickelte sich daraus ein Verkaufserfolg. "Geo. Borgfeldt & Co." verkaufte in den Folgejahren mehrere Hunderttausend Exemplare und ging immer engere Geschäftsbeziehungen mit Steiff ein. Von 1913 bis in die 1930er-Jahre hatte Geo. Borgfeldt & Co. alleinige Rechte zum Import von Steiff-Produkten in die Vereinigten Staaten. 1904 entstand das Markenzeichen "Steiff - Knopf im Ohr", um die hochwertigen Produkte unverwechselbar zu machen und billige Kopien der Konkurrenz vom Original zu unterscheiden. Ab diesem Zeitpunkt wurde jedes Tier mit einem Metallknopf im Ohr versehen. Dieses Zeichen wird bis heute in modifizierter Form verwendet. Die Teddybären wurden auf Weltausstellungen wie der 1904 in St. Louis gezeigt und gewannen etliche Preise.

Mit der Gründung der Margarete Steiff GmbH 1906 ging die Geschäftsführung auf Richard Steiff über. Ein Jahr später produzierten die 400 meist weiblichen Mitarbeiterinnen an den Nähmaschinen und 1800 Heimarbeiterinnen eine Million Teddybären und weitere 1,7 Millionen Spielzeugartikel. Den großen Erfolg des Unternehmens erlebte Margarete Steiff nicht mehr. Sie starb am 9. Mai 1909 im Alter von 61 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Die Leitung des Unternehmens übernahmen ihre Neffen.

Während des Ersten Weltkriegs war es schwierig, die Rohstoffe Filz und Plüschmohair zu bekommen. In der Zeit des Zweiten Weltkriegs kam die Produktion gänzlich zum Erliegen. 1947 startete die Spielwarenfabrik neu und hatte schon ein Jahr später wieder 1000 Mitarbeiter. Um 1952 waren es bereits doppelt so viele. Erfolgreich war unter anderem die Igelfigur "Mecki" - das Maskottchen der Fernsehzeitschrift "Hörzu". Bis heute ist die Steiff GmbH ein Familienunternehmen. Das Erbe der Firmengründerin veranschaulichen zahlreiche Museen. So kann man das Geburtshaus Margarete Steiffs besuchen oder das Erlebnismuseum, das 2005 eröffnet und 2010 durch einen "Zoo" mit lebensgroßen Tieren erweitert wurde. Hier wird auch gezeigt, wie die Stofftiere gefertigt werden.