Mit Nasenspray oder Lutschpastillen gegen Covid-19 will Marinomed Biotech bald Geld verdienen. Die klinischen Ergebnisse, die das 2006 gegründete und seit 2019 börsengelistete Unternehmen aus Wien zuletzt vorlegte, sind ermutigend. Demnach enthielt der Speichel nach der Einnahme einer Pastille genug Carragelose-Wirkstoff, um unterschiedliche Atemwegsviren, einschließlich Covid-19, auszuschalten.

Erfolgsentscheidend für eine Zulassung sind die klinischen Tests, die gerade an medizinischem Pflegepersonal in Großbritannien und Wien durchgeführt werden. Die Ergebnisse sollen im Sommer 2021 vorliegen. Einen großen Vorteil gegenüber anderen Produkten verspricht sich Vorstandschef Andreas Grassauer davon, dass Carragelose auch in der Altersgruppe der Kinder wirkt, für die bislang keine Impfstoffe zugelassen sind. Den Wirkstoff hat Marinomed bereits früher gegen andere Coronaviren erfolgreich getestet. Nach den ersten Meldungen aus China im Januar 2020 reifte schnell der Entschluss, Zellkulturen mit dem neuen SARS-CoV-2-Virus auf die abtötende Wirkung von Carragelose zu testen. Weil das Virus im Vergleich zu Grippeviren im Labor nur langsam wächst, dauerte es bis Juli, ehe erste aussagekräftige Ergebnisse vorlagen.

Biowaffe gegen Viren und Allergien

Marinomed hat bereits sechs Produkte auf dem Markt, die über Lizenzverträge mit Partnern aus der Pharmabranche in über 40 Ländern verkauft werden - in Deutschland durch Hermes Arzneimittel. "Im Grunde genommen basiert unser Erfolg auf einem schnöden Polymer mit exzellenten Eigenschaften, das für die Behandlung einer Vielzahl von Atemwegserkrankungen infrage kommt", erläutert Grassauer das Geschäftsmodell. Das aus Proteinen gebildete Molekül stammt aus der Natur, von der Rotalge. Das Polymer verklebt die Viren, deren Zahl sich um 90 Prozent und mehr reduziert. Weil die Viren eingewickelt werden, können sie nicht mehr in die Atemwege eindringen und an der Oberfläche der Rachen- und Nasenschleimhaut andocken.

Mit Budesolv hat Marinomed einen zweiten potenziellen Kurstreiber im Angebot. Die in Flüssigkeit aufgelöste Version des Cortisons Budesonid soll bei einem Sechstel der üblichen Dosierung ihre Wirksamkeit gegen Allergien entfalten. Anders als die meisten herkömmlichen Wirkstoffe gegen Heuschnupfen entfaltet das Nasenspray bereits nach drei Stunden seine Wirkung und nicht erst Tage nach der Einnahme. Der Zulassungsantrag als Erstlinientherapie ist in Vorbereitung. In der zweiten Jahreshälfte will Marinomed dann die zulassungsrelevanten klinischen Resultate von Takrosolv präsentieren. Im Erfolgsfall soll das Produkt als Immunsuppressivum in der Augenheilkunde auslizenziert werden.

Schwarze Zahlen wird Marinomed frühestens 2022 schreiben. Schafft die Firma in diesem Jahr die Zulassung des Carragelose-Mittels und dazu einen ersten Marketing-Deal mit Budesolv, steht die Aktie vor einer Neubewertung. Dabei hat Marinomed die Erlöse nach vorläufigen Zahlen bereits 2020 um ein Drittel auf 8,1 Millionen Euro gesteigert.