Die heftigen Turbulenzen an den Märkten halten weiter an. Als ob die Befürchtungen, dass die Effekte des Coronavirus das Wirtschaftswachstum weltweit ernsthaft schädigen könnten, nicht schon genug wären, kommt jetzt auch noch der Ölpreis ins Spiel. Nach dem Scheitern der OPEC-Gespräche hat Saudi- Arabien, der weltgrößte Ölexporteur, einen veritablen Preiskampf am Ölmarkt gestartet. Das Königreich wird seinen Ölausstoß von April an massiv ausweiten und hat die Preise für sein Rohöl so stark gesenkt wie seit 30 Jahren nicht mehr.

Mit der Folge, dass sowohl die Öl-Futures als auch Aktienindizes und die Renditen von Staatsanleihen weltweit weiter an Boden verloren. Gleichzeitig weitet sich auch der Abstand zwischen der Rendite für Staatsanleihen und spekulativeren Unternehmensanleihen weiter aus. Ebenfalls besorgniserregend: der extrem schwache Dollar. Alles Warnsignale. Und alles eventuell auch Vorboten eines weltweiten Abschwungs.

"In diesem Jahr ist eine globale Rezession fast unvermeidlich", warnt beispielsweise Nigel Green, Chef des Finanzberaters deVere Group. So führt der Preiskrieg am Ölmarkt zu einem Wiederaufleben von Deflationsängsten, mit entsprechenden Konsequenzen für die Geldpolitik. "Alle Inflationsprognosen müssen neu überdacht werden", so Green. Außerdem gibt es Sorgen, dass die Ausbreitung des Coronavirus in Italien, verbunden mit den massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens in vielen Regionen des Landes, auch in anderen europäischen Ländern möglich ist.

Signale pro Aktien


Klar ist aber auch, dass sich durch den Abverkauf die relative Bewertung von Aktien gegenüber Staatsanleihen deutlich verbessert hat. Zudem ist bei europäischen Aktien die Differenz zwischen Dividendenrendite und der Rendite von Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen hoher Qualität wieder in die Nähe der historischen Höchststände gestiegen. Beides eigentlich Signale pro Aktien. Ob diese Argumente aber reichen, um einen Markt im Panikmodus zu stabilisieren?

"Das Virus mag der Auslöser für die Korrektur gewesen sein, die Ursachen für die Marktkorrektur liegen aber, so scheint mir, tiefer", sagt Ulrich Leuchtmann, Leiter der Devisenanalyse bei der Commerzbank. "Die Zentralbanken haben schon lange die Anleger bewusst und absichtlich in riskante Anlagen getrieben. Je länger das gut ging, desto mehr wuchs der Risikoappetit der Anleger, zuletzt in wahnwitziger Geschwindigkeit. Je übertriebener solch eine Stimmung ist, desto schneller kann sie aber kippen." Zudem ist es auch so, dass viele der schon zuvor bekannten Risiken weiterhin bestehen: hohe Bewertungen, nachlassende Kreditqualität, welt­politische Spannungen und die unsichere Konjunktur. "Der Verschuldungsgrad der US-Firmen ist zudem so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr. Da kann man sich schon auch um die Ausfallrate von Unternehmensanleihen sorgen", argumentiert William J. Adams, der Invest­mentchef der Fondsgesellschaft MFS.

Cash is king


Wir bleiben insgesamt also bei unserem Rat: Seien Sie vorsichtig! Seit Mitte Januar schon raten wir zum Aufbau einer größeren Cash-Position. Ebenfalls ist es ratsam, das Dollar-Risiko zu minimieren - zum einen, weil die Auslandsverschuldung der US-Volkswirtschaft enorm ist, und nicht zuletzt auch, weil weitere expansive geldpolitische Maßnahmen der US-Notenbank Fed angesichts der prekären Lage sehr wahrscheinlich sind.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com