Die Märkte haben sich wieder etwas beruhigt nach den zuletzt recht turbulenten Tagen mit US-Zinssenkung, neuer Eskalation im amerikanisch-chinesischen Handelsstreit und den immer massiver werdenden Protesten in Hongkong. Trotzdem wird man sich auf die neuen Gegebenheiten wohl erst noch einstellen müssen.

Denn gerade das Unverständnis zwischen den USA und China hat sich wohl vertieft. "China scheint den breiten politischen Konsens in der US-Politik zwischen Republikanern und Demokraten über Pekings zutiefst unausgewogene und unfaire Verwendung von Handelsregeln und seinen Mangel an Respekt vor geistigem Eigentum unterschätzt zu haben", sagt etwa Benjamin Melman, Chef-Investor beim Geldverwalter Edmond de Rothschild. Es sei aber auch umgekehrt so, dass die USA anscheinend nicht einkalkuliert haben, dass einige ihrer Forderungen als Angriff auf die chinesische Souveränität angesehen würden.

Die schlechte Nachricht dabei: Es wurden bereits einige potenziell gefährliche Eskalationsstufen zwischen den USA und der Volksrepublik erreicht. Die gute Nachricht: Keines der beiden Länder hat letztlich ein grundlegendes Interesse an einem ausufernden Konflikt. Wahrscheinlich, so Melman, wolle keine Seite den Punkt überschreiten, "an dem es kein Zurück mehr gibt". Wie sich die Beziehungen zwischen den USA und China aber tatsächlich von nun an weiterentwickeln werden, das lässt sich kaum seriös einschätzen.

Klar ist aber auch, dass die Fortsetzung der lockeren Geldpolitik und die zusätzlichen US-Haushaltsausgaben die Märkte unterstützen. Vermutlich hat Präsident Trump die Daumenschrauben beim Handelsstreit auch deswegen angezogen, "damit die Fed gezwungen ist, die Zinsen stärker als bislang geplant zu senken", so Aktienstratege Robert Halver von der Baader Bank. Dies verschaffe dem US-Aktienmarkt über die Zinssenkungspolitik der US-Notenbank neuen Schub und gleichzeitig käme die "Neuverschuldung zur amerikanischen Wirtschaftsankurbelung und Wahlgeschenkverteilung noch billiger". Die Liquiditätshausse wirkt damit dem Handelskrieg entgegen. "Vermögensverwalter kommen also trotz fundamentaler Krise an Aktien nicht vorbei", so Halver.

"Dazu kommt, dass die Aktienbewertungen in Japan sehr niedrig sind und in Europa und den USA immerhin nicht ex-trem hoch", sagt John Vail, Chefstratege bei Nikko Asset Management. Vor allem wenn man davon ausgehe, dass die Gewinne 2020 weiter steigen werden. "Die Dividendenrenditen sollten ebenfalls gegen Kursrückgänge absichern, da die risiko-freien Zinsen weiter fallen werden."

Was China angeht, kann man vermutlich davon ausgehen, dass Peking eine stärkere Schwächung des Yuan nicht zulassen wird. Dies würde wegen der dann steigenden Importpreise dem Land selbst schaden. Gleichzeitig dürften die USA wohl nur dann Zölle auf alle chinesischen Waren erhöhen, wenn der Yuan weiter abgewertet wird und sich Trump dann auf chinesische Währungsmanipulation berufen kann. Sollte sich der Yuan auf dem gegenwärtigen Niveau stabilisieren, würde dies die Märkte wahrscheinlich weiter beruhig.