Es sei an der Zeit, "ein neues Kapitel aufzuschlagen". Für die große Koalition im Bund sei es jetzt wichtig, ihre Kräfte "auf endlich gutes Regieren" zu bündeln. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Gesundheitsminister Jens Spahn kündigten ihre Kandidatur für den CDU-Vorsitz an. Auch Ex-Fraktionschef Friedrich Merz steht CDU-Politikern zufolge bereit.

"Die vierte Amtszeit ist meine letzte als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland", sagte Merkel. Sie werde danach keine weiteren politischen Ämter anstreben. Sie werde auch nicht mehr antreten, sollte es eine vorgezogene Bundestagswahl geben. Merkel steht seit 18 Jahren an der CDU-Spitze und ist im 13. Jahr ihrer Kanzlerschaft. Ihre Entscheidung habe sie bereits in der Sommerpause getroffen, sagte Merkel. Sie übernahm mit dem Schritt aber ausdrücklich auch die politische Verantwortung für das schlechte Abschneiden der CDU etwa bei der Landtagswahl in Hessen am Sonntag. "Ich wünsche mir, dass der gestrige Wahltag als Zäsur gesehen wird, an dem alles auf den Prüfstand gestellt wird", sagte sie in einer sehr persönlich gehaltenen Erklärung. "Das Bild, das die Regierung abgibt, ist inakzeptabel."

"TIEFE ZÄSUR"

Bislang hatte Merkel stets betont, dass sie eine Ämtertrennung von Kanzlerschaft und Parteivorsitz nicht für machbar halte. Nun sagte sie, dass dies "für eine begrenzte Zeit" durchaus möglich sei. Es sei jetzt wichtig, dass sich die CDU mit einer neuen Führungsmannschaft auf die Zeit nach ihr einstelle. Eine Präferenz für ihre Nachfolge habe sie nicht. Sie könne diese Frage nicht klären und wolle das auch nicht. "Ich bin ein Mensch, der mit ziemlich vielen Menschen sehr gut zusammenarbeiten kann", sagte Merkel mit Blick darauf, dass sie als Kanzlerin auf ein vertrauensvolles Verhältnis zum Parteivorsitzenden angewiesen ist.

Partei-Vize und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sprach von einer "tiefen Zäsur für die CDU Deutschland" und nannte die Entscheidung Merkels "stark, nobel und richtig". Es dürfe jetzt aber nicht nur über Personen geredet werden, auch die Inhalte müssten auf den Prüfstand. Bei der Landtagswahl habe seine Partei etwa gleich viele Wähler an die Grünen und die AfD verloren. Für die CDU als Volkspartei sei es nun wichtig, Wähler von links und von rechts wiederzugewinnen. Die CDU verteidigte bei der Wahl in Hessen trotz der herben Verluste aber ihre Position als stärkste Kraft und kann die schwarz-grüne Koalition mit einer Stimme Mehrheit fortsetzen. Bouffier kündigte Gespräche mit SPD, Grünen und FDP an und betonte, eine Zweier-Koalition sei einer Regierung mit drei Parteien vorzuziehen.

NAHLES SCHLIESST PERSONELLE KONSEQUENZEN AUS

Merkel kündigte ihre Entscheidung bei einem Treffen des Parteipräsidiums am Morgen in Berlin an. Zahlreiche CDU-Spitzenpolitiker zeigten sich von dem Schritt laut Parteikreisen völlig überrascht. "Wir nehmen das alles mit Respekt zur Kenntnis", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. CSU-Chef Horst Seehofer äußerte sein Bedauern. "Es ist schade", sagte der Bundesinnenminister. "Wir haben uns manche Diskussionen geleistet. Aber es war immer eine vertrauensvolle, von gegenseitigem Respekt getragene Zusammenarbeit."

SPD-Chefin Andrea Nahles sagte, die CDU sei Merkel zu Dank verpflichtet. "Sie hat ihre Partei 18 Jahre lang geprägt. Und das ist eine außerordentliche Leistung." Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock lobte, Merkel habe die CDU für ein modernes Gesellschaftsbild geöffnet. "Dafür zollen wir Frau Merkel Respekt." FDP-Chef Christian Lindner sagte, Merkel habe aus seiner Sicht das falsche Amt abgegeben.

Auch die SPD verlor bei der Landtagswahl in Hessen deutlich. Nahles schloss persönliche Konsequenzen aber aus: "Eine personelle Neuaufstellung ist nicht in Rede in der SPD." Sie räumte aber ein: "Es ist klar, dass die Bundespolitik nicht für Rückenwind, sondern für Gegenwind gesorgt hat." Die SPD dringt nun darauf, dass sich die große Koalition auf einen konkreten Fahrplan verständigt. "Wir werden hier zeitlich klare Verabredungen treffen müssen", sagte Nahles. Die Frage nach einem sofortigen Austritt aus der Koalition kam beim Treffen von Präsidium und Vorstand laut Nahles nicht auf.

rtr