Denn an der Börse hat MTU schon seit vergangenem Sommer reichlich Vorschusslorbeeren kassiert. Von ihrem Vorkrisen-Spitzenwert von 276 Euro im Februar 2020 war das Papier zwar bis Mitte März auf unter 100 Euro abgestürzt. Die Aktie setzte aber schon im Mai zu einem neuen Höhenflug an, als vielen in der Branche gerade erst klar wurde, zu welchem historischen Einschnitt die Corona-Pandemie im weltweiten Luftverkehr geführt hat und wie gravierend die Airlines, die Flugzeugbauer und deren Zulieferer davon betroffen sind. Dennoch hatte sich die Aktie bis November auf ein Niveau von 220 Euro erholt.

Doch die optimistischen MTU-Anleger setzten nicht allein auf eine rasche Erholung des Luftverkehrs, sondern auch auf das spezielle Geschäftsmodell von MTU: Die Fokussierung auf Triebwerke für Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge, die sich von der Krise schneller erholen dürften als die Langstrecke. Eine resistente Militärsparte, die gerade in turbulenten Zeiten stabilisiert. Vor allem aber auf das lukrative Wartungsgeschäft, das einen Großteil zum Umsatz und Ergebnis beiträgt. Als einer der Weltmarktführer in diesem Segment könnte MTU vom Wartungs- und Instandsetzung-Boom profitieren, wenn die Airlines mit dem Abflauen der Krise und dem zu erwartenden Reiseboom ihre eingemotteten Jets wieder startklar machen.

Die Jahresbilanz 2020 und der Ausblick 2021 zeigen, dass es doch nicht ganz so einfach ist. Zwar strebt der DAX-Konzern für das laufende Jahr schon wieder einen Umsatz von 4,2 bis 4,6 Milliarden Euro an, der fast dem Vorkrisenniveau entspricht. Auch das Wartungsgeschäft dürfte deutlich anziehen. Mit einer Gewinnmarge von rund zehn Prozent wird der Konzern jedoch auch 2021 um ein Drittel hinter dem Niveau von 2019 zurückbleiben. Vorstandschef Reiner Winkler, der nicht dafür bekannt ist, dass er zu Übertreibungen neigt, bezeichnet das als "leichte Aufwärtsbewegung in einer beginnenden Erholung der Branche", womit er wohl richtig liegen dürfte.

Im Geschäftsjahr 2020 lag der Umsatz bei 3,98 Milliarden Euro und damit etwas unterhalb des eigenen Zielkorridors von 4,0 bis 4,2 Milliarden Euro. Der bereinigte Betriebsgewinn ging um rund 45 Prozent auf 416 Millionen Euro zurück. Im Triebwerksgeschäft brachen die Erlöste um ein Drittel ein. Im Kerngeschäft zivile Instandasetzung fiel der Umsatzrückgang mit minus sieben Prozent etwas moderater aus. Das Militärgeschäft bileb stabil.

Einschätzung der Redaktion:


Die Zahlen und der Ausblick des Triebwerksspezialisten MTU Aero Engines machen klar: Im Kursniveau war zuletzt schon (zu) viel Zukunftspotenzial antizipiert. Zwar zeigen sich am Markt erste Anzeichen einer Trendwende. Bis das Vorkrisenniveau wieder erreicht ist, wird aber noch eine Weile vergehen. Und die Gefahr von Rückschlägen ist längst nicht gebannt. Kursrücksetzer von zehn bis 15 Prozent sind durchaus möglich.

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