Unser Test zeigt, wie ernsthaft Geldhäuser das Thema angehen. Zusätzlich haben wir Kunden die Nachhaltigkeit ihrer Bank bewerten lassen. Von Simone Gröneweg, Euro am Sonntag

Bei der Klimadiskussion kochen die Emotionen gelegentlich über. Während die Aktivisten und Aktivistinnen von Fridays for Future aus Protest Autobahnen blockieren, leugnen manche die Klimaprobleme schlichtweg. Im vergangenen Jahr schaltete sich das Bundesverfassungsgericht in die Debatte ein und stellte fest, dass mangelnde Ambitionen beim Klimaschutz die Freiheitsrechte der jüngeren Generation verletzen. Demnach ist unsere Gesellschaft verpflichtet, klug mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen umzugehen.

Verhaltensweisen und Strukturen lassen sich jedoch nicht mal eben ändern. Das zeigt sich auch in der Finanzbranche, die sich das Thema nach und nach erschließt. Mittlerweile hat sich dort die sogenannte ESG-Formel zur Beurteilung von Nachhaltigkeit durchgesetzt. Das Kürzel steht für Environment, Social und Governance, also für Geldanlage im Einklang mit der Umwelt, dem Sozialwesen sowie einer vernünftigen Unternehmenspolitik.

Die Geldhäuser haben beim Klimawandel durchaus Gewicht. "Banken beeinflussen über vergebene Kredite, Investitionen und Dienstleistungen die Wirtschaft eines Landes direkt", schreibt die Unternehmensberatung Cofinpro in einem Thesenpapier. Ob und wie die Banken das Thema Nachhaltigkeit angehen, hat €uro am Sonntag nun zum zweiten Mal untersucht.

Die große Analyse teilt sich in zwei Bereiche: Zunächst einmal bewertete das Sozialwissenschaftliche Institut Schad (SWI) für €uro am Sonntag die o¨kologische Nachhaltigkeit der verschiedenen Geldinstitute hierzulande. So wurde zum Beispiel beurteilt, wie groß die Bemühungen einer Bank sind, den eigenen CO2-Ausstoß zu reduzieren. Dazu zog das Institut von Dr. Zielke Research Consult gesammelte Daten heran. Die stammen aus den Gescha¨fts- und Nachhaltigkeitsberichten der Unternehmen.

Zusa¨tzlich zu diesem Test, dessen Ergebnisse in den unten aufgeführten Tabellen zu finden sind, gibt es eine umfangreiche Umfrage (siehe ebenfalls Tabellen unten). Wir wollten wissen, fu¨r wie nachhaltig die Kundschaft ihre Bank hält. Bei dieser Befragung blieben Nachhaltigkeitsbanken wie die GLS Bank, die Ethik-Bank oder die Umwelt-Bank außen vor. Warum? Weil deren Kunden ihr Institut ohnehin schon wegen der nachhaltigen Ausrichtung wa¨hlen und ein Vergleich mit anderen Geldhäusern damit nicht unbedingt sinnvoll erscheint.

Betrachtet man die Ergebnisse genauer, fällt zunächst auf, dass Test und Umfrage zu unterschiedlichen Ergebnissen führten. Das lässt sich unter anderem auf die unterschiedlichen Auswertungsmethoden zurückführen. Bei der Umfrage liegen die PSD-Banken in der Kategorie regionale Banken ganz vorn. Bei den Onlinebanken landet die ING auf dem 1. Platz, bei den Filialbanken schafft das die Targobank.

Beim Test sieht das Ergebnis anders aus: Dort rangiert die Hamburger Sparkasse (Haspa) unter den regionalen Instituten auf dem ersten Rang. "Unser Nachhaltigkeitsverständnis ist Teil der Geschäftsstrategie", schreibt das Institut auf seiner Internetseite. Bei den Filialbanken liegt die Unicredit Group an der Spitze. Im Bericht schneidet die Bankengruppe über alle geprüften Bereiche hinweg sehr gut ab. "Auf der Website des Unternehmens lassen sich die nachhaltigen Ziele transparent ablesen", erklärt Lisa Panek, Projektleiterin beim SWI.

Heterogenes Bild in der Branche

Solche positiven Beispiele lassen zunächst hoffen, dass die Branche nachhaltig agiert. Beim näheren Hinsehen gibt es in der Bankenwelt aber durchaus noch Schwächen. "Insgesamt zeigt sich eher ein heterogenes Bild in Bezug auf die Nachhaltigkeit", betont Projektleiterin Panek. Die meisten Geldhäuser nehmen sich des Themas zwar an, stellen Strukturen bereit und definieren Ziele, aber insgesamt reichen die Bestrebungen nicht aus. Die Ideen und der Wille scheinen vorhanden zu sein, aber das Ganze bleibt oftmals in den Kinderschuhen stecken.

Das ist bedauerlich, denn kaum ein kundenorientiertes Unternehmen kann es sich heutzutage leisten, kein nachhaltiges Image zu verkörpern. Kunden können dem Klimawandel nämlich etwas entgegensetzen, indem sie den eigenen Lebensstil ändern und bei der Auswahl von Produkten und Dienstleistungen auf Nachhaltigkeit achten. Und das geschieht immer häufiger. "Immer mehr Kunden scheinen bereit zu sein, für eine nachhaltige Grundausrichtung ihrer Bank höhere Gebühren in Kauf zu nehmen", erklärt Panek. Von dieser Kundengruppe profitieren etwa die sogenannte Umweltbanken.

Aus diesem Grund hatte die zweite Studie des SWI zum Ziel, die Meinung und Wahrnehmung der Kunden zu evaluieren. Hierzu hat das Institut die mehr als 80.000 Kundenmeinungen aus der Online-Umfrage zur "Beliebtesten Bank 2022" analysiert. Diese Befragung wurde im Auftrag des Wirtschaftsmagazins €uro im ersten Quartal des Jahres durchgefu¨hrt. Dabei wurden Kundinnen und Kunden unterschiedlicher Banken in Deutschland gefragt, wie sie verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit bei ihrer Bank beurteilen.

Hierzu wurden Fragen zum wahrgenommenen Umweltbewusstsein der Institute gestellt. Die lauteten etwa: "Wie zufrieden sind Sie mit dem Spektrum der nachhaltigen Produkte bei Ihrer Bank?" Oder: "Wie zufrieden sind Sie mit dem Umweltbewusstsein und Klimaschutz Ihrer Bank?" Die Antworten zu diesem Bereich flossen in die Kategorie "Umwelt" ein und machten 70 Prozent der Gesamtwertung aus. Zusätzlich wurde versucht, das soziale Engagement der Banken sowie das Vertrauen der Kundinnen und Kunden in ihre Bank näher zu beleuchten. Dazu wurde zum Beispiel gefragt: "Wie zufrieden sind Sie mit der gesellschaftlichen Verantwortung und dem sozialen Engagement Ihrer Bank?" Und: "Wie groß ist Ihr Vertrauen in Ihre Bank?" Diese Antworten flossen in die Kategorie "Gesellschaft" ein. Deren Anteil an der Gesamtwertung lag bei 30 Prozent.

Die Umfrage brachte zu Beginn eine eher ernüchternde Erkenntnis hervor: Auf den ersten Blick scheint der Kundschaft das Thema Nachhaltigkeit nicht unbedingt wichtig. Nur etwa 5,4 Prozent aller Teilnehmer gaben an, aufgrund der hohen Nachhaltigkeit Kunde eines Instituts zu sein. Nun existieren am Markt aber - wie bereits erwähnt - Banken, die das Thema Nachhaltigkeit ganz oben angesiedelt haben. Wer also Nachhaltigkeit als oberste Priorität ansetzt, wird vermutlich zu so einer Bank wechseln. Das heißt aber nicht, dass den Kunden anderer Banken das Thema Nachhaltigkeit unwichtig ist. Im Gegenteil. So stellte sich bei der Auswertung der Umfrage heraus, dass Themen wie nachhaltige Produkte, Umweltbewusstsein und soziales Engagement der Banken neben Fragen zum Zinsniveau und dem Social-Media-Auftritt am ehesten Unzufriedenheit bei den Kunden auslo¨sen. Demnach legen Kunden durchaus Wert auf Nachhaltigkeit.

Doch wie schätzen sie ihre eigene Bank bei dem Thema ein? Bei den regionalen Banken fallen vor allem die PSD-Banken positiv auf. Sie punkteten zum Beispiel bei Fragen zu nachhaltigen Produkten, zur o¨kologischen Nachhaltigkeit sowie zur sozialen Nachhaltigkeit. Auch in der Kategorie "Vertrauen" waren die PSD-Banken vorne dabei.

Filialbanken nutzen Potenzial nicht

Besonders auffallend: Die PSD-Bank Berlin-Brandenburg war die Bank mit dem insgesamt besten Ergebnis und setzte sich leicht von den anderen regionalen Banken ab. "Die befragten Kunden des Instituts zeigten sich durchweg u¨berzeugt und zufrieden mit den Bemu¨hungen der Bank. So konnte das Institut in allen Bereichen die besten Werte aufweisen", berichtet Lisa Panek.

Generell wurden regionale Banken von den Kunden im Durchschnitt als nachhaltiger wahrgenommen. Im Bereich "soziale Nachhaltigkeit" punkteten sa¨mtliche regionalen Banken u¨berdurchschnittlich stark. Die Verankerung in der Region, zum Beispiel über soziale Projekte, ist mit Sicherheit einer der ausschlaggebenden Faktoren fu¨r diesen Umstand.

Beste Onlinebank war die ING, die u¨ber alle Kategorien hinweg im vorderen Feld lag. Bei den Filialbanken tat sich besonders die Targobank hervor. Interessant ist der Vergleich zwischen den Online- und Filialbanken. Die gro¨ßten Unterschiede waren bei den nachhaltigen Produkten zu beobachten. In diesem Bereich bieten die Onlinebanken aus Kundensicht nicht nur ein gro¨ßeres Produktspektrum, sondern auch eine u¨berzeugendere Produktqualita¨t. Beim Vertrauen sah es a¨hnlich aus. "Dabei fehlt Onlinebanken eigentlich der direkte Menschenkontakt und damit die Mo¨glichkeit, auf diesem Wege Vertrauen aufzubauen. Ein Schwachpunkt, den Filialbanken doch ausnutzen ko¨nnten", gibt Panek zu bedenken.

Die Realita¨t sieht aber anders aus. Eine mo¨gliche Erkla¨rung dafu¨r wäre die Corona-Krise und der damit einhergehende fehlende direkte Kontakt zu Kunden. Eine weitere mögliche Begründung könnte sein, dass Filialbanken bereits länger am Markt aktiv sind und u¨ber mehrere Krisen Vertrauen verspielt haben. Sie sollten daran arbeiten, es zurückzugewinnen. Schließlich sollte das grüne Gewissen der Kunden am Ende eine reelle Chance bekommen.

Der Test

Basis: Das Sozialwissenschaftliche Institut Schad (SWI) hat die ökologische Nachhaltigkeit von Banken analysiert. Dazu wurden Daten aus der Studie "Spotlight CSR Kreditinstitute 2022" von Dr. Zielke Research Consult ausgewertet, die aus den Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten stammen.

Wertung: Da der Test die ökologische Nachhaltigkeit bewertet, bezieht er sich nicht auf alle Ergebnisse der Zielke-Studie. Fünf Kriterien wurden genutzt: Verankerung von Nachhaltigkeit, Maßnahmen zur CO2-Reduzierung, Ökostromanteil, CO2-Ausstoß pro Mitarbeiter sowie ESG (Environment, Social, Government) in der Kreditvergabepolitik.

Die Umfrage

Basis: Wie nachhaltig finden Kunden ihre Bank? Dieser Frage ist das Sozialwissenschaftliche Institut (SWI) nachgegangen und hat die Ergebnisse für €uro am Sonntag in einer Studie zusammengefasst. Grundlage dafür bildete die Umfrage "Beliebteste Bank 2022" für das Schwestermagazin €uro unter fast 200.000 Bankkunden. Mehr als 80.000 Teilnehmer beantworteten auch Fragen zur Nachhaltigkeit ihrer Bank. Bei der Auswertung wurden die Geldhäuser berücksichtigt, die mehr als 200 Kundenmeinungen zur Nachhaltigkeit auf sich vereinigen konnten.

Wertung: Die Fragen betrafen das wahrgenommene Umweltbewusstsein der Institute, das soziale Engagement der Banken sowie das Vertrauen der Kunden in die Bank. Die Antworten dazu flossen in die Kategorien "Umwelt" und "Gesellschaft" ein. Der Bereich Umwelt wurde bei der Gesamtbewertung zu 70 Prozent gewichtet, der Bereich Gesellschaft zu 30 Prozent.