Letztmalig sei dies im Jahr 2003 erfolgt. Eine Menge habe sich in den vergangenen 16 Jahren geändert. Eine Frage, die alle Zentralbanken beschäftige sei, wie sich das mittelfristige Ziel der Geldpolitik am besten definieren lasse. Dabei hat die EZB-Chefin auch die Inflationserwartungen an Finanzmärkten im Blick, die nicht aus dem Ruder laufen sollen.

Die frühere Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) verwies darauf, dass sie noch in einer Lernphase sei. "Ich versuche in der Tat Deutsch zu lernen, aber ich versuche auch, die Zentralbank-Sprache zu lernen", sagte sie. "Haben Sie Nachsicht mit mir, zeigen Sie etwas Geduld, überinterpretieren Sie nicht, wenn ich das sagen darf", warb sie bei den Abgeordneten.

Die EZB strebt mittelfristig eine Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent als Idealwert an. Dieses Ziel verfehlt sie aber bereits seit Frühjahr 2013. Im November lag die Teuerung lediglich bei 1,0 Prozent. "Das Wachstum im Euro-Raum bleibt schwach", sagte Lagarde. Die Geldpolitik könne aber selbst dann wirksam antworten, wenn das Wachstum durch externe Faktoren gedämpft werde. Sie könne dies tun, indem sie günstige Finanzierungsbedingungen für alle Bereiche der Wirtschaft sicherstelle.

KLIMAWANDEL IM FOKUS


Das Mandat der EZB sei Preisstabilität, aber das Thema Klimawandel werde bei der Strategieüberprüfung eine wichtige Rolle spielen, sagte Lagarde. Beim Kampf dagegen seien zwar in erster Linie die Regierungen gefragt. "Aber das stoppt uns nicht, auf unsere eigenen Operationen zu schauen." Dies betreffe die Einbeziehung des Klimawandels in die Konjunkturanalyse, in die Aufsicht über Banken oder in die eigenen Investments. Auch müsse geschaut werden, wo und wie der Klimawandel das laufende Anleihenkaufprogramm beeinflussen könnte und sollte, sagte sie. Das Thema steht weltweit ganz oben auf der Agenda. Am Montag kamen Vertreter von rund 200 Staaten zum Auftakt der Weltklimakonferenz in Madrid zusammen, um Wege zum beschleunigten Kampf gegen die Erderwärmung finden.

Die Frage eines symmetrischen Inflationsziels will die Notenbank laut Lagarde ebenfalls bei ihrer Strategieüberarbeitung erörtern. Ein solches Ziel bedeutet, dass eine Notenbank zu tiefe und zu hohe Inflationsraten gleichermaßen geldpolitisch berücksichtigt. Lagarde leitet die EZB seit November. Sie löste den Italiener Mario Draghi ab, dessen Amtszeit nach acht Jahren im Oktober endete. Lagarde, die erste Frau an der Spitze der Notenbank, erbte einen geldpolitisch gespaltenen Rat. Das große Maßnahmenpaket zur Stützung der schwächelnden Konjunktur, das die EZB im September beschlossen hatte, blieb in Teilen intern umstritten. Dies betraf vor allem den Neustart der billionenschweren Anleihenkäufe.

Die ehemalige französische Finanzministerin hat erste Schritte unternommen, um die Wogen im EZB-Rat wieder zu glätten. So lud sie die Währungshüter Mitte November zu einem informellen Treffen außerhalb der EZB ein, um sich über die künftige Arbeit des EZB-Rats auszutauschen. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos nannte in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der Zeitung "El Mundo" die Schaffung von Konsens unter den Währungshütern als eine der Top-Prioritäten.

rtr