Mit dem Ausstieg aus weiteren Teilen des Investmentbankings folgt die Schweizer Großbank dem Kurs der Deutschen Bank und der UBS. Auf der mit Spannung erwarteten Investorenveranstaltung am Donnerstag versuchte Horta-Osorio Aufbruchstimmung zu verströmen. "Der heutige Tag markiert den Beginn einer neuen Phase für die Credit Suisse", sagte Horta-Osorio, der für einen Verwaltungsrats-Präsidenten ungewöhnlich viel Einfluss auf das Tagesgeschäft nimmt.

Die Erwartungen waren hoch; einen kompletten Abschied aus dem Investmentbanking forderten Analysten, über einen Verkauf des Fondsgeschäfts wurde spekuliert. Denn der Milliardenverlust aus dem Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos, die Notabwicklung von zusammen mit Greensill betriebenen Fonds und eine Reihe weiterer Fehlschläge hatten die Strategie und die Kultur des 165 Jahre alten Instituts infrage gestellt. "Es besteht kein Zweifel, dass dies eine sehr schwierige Zeit für die Credit Suisse ist", gestand Horta-Osorio ein. Doch ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt und vielen Sitzungen kam er zusammen mit Konzern-Chef Thomas Gottstein zum Schluss, dass die Bank an der breiten Aufstellung festhalten will.

BYE-BYE HEDGEFONDS


So will Credit Suisse weiterhin im globalen Wertpapierhandel und der Beratung bei Firmenübernahmen oder Börsengängen mitmischen. Teile des riskanteren Geschäfts, das auch viel Kapital bindet, dampft das Institut aber ein. So soll etwa das Prime Brokerage genannte Hedgefonds-Geschäft weitgehend aufgegeben werden. Bereits im April hatte das Geldhaus die Kreditvergabe an Hedgefonds um 35 Milliarden Dollar oder rund ein Drittel des Gesamtvolumens gekürzt. Damit endet ein schleichender Niedergang. Im Jahr 2010 war Credit Suisse laut Hedge Fund Intelligence der zweitgrößte Prime Broker der Welt noch vor den US-Instituten JP Morgan und Morgan Stanley. Doch eine Reihe von Führungswechseln setzte dem Geschäft zu und das ungenügende Risikomanagement gipfelte im Archegos-Debakel. Die Bank will auch den Bestand an langfristig strukturierten Derivaten verringern und die Kreditvergabe in Schwellenländern drosseln.

Mit den so freigesetzten Mitteln will Horta-Osorio das Wachstum im Geschäft mit Millionären und Milliardären ankurbeln. In den nächsten drei Jahren sollen rund 500 Kundenberater neu eingestellt werden. Das bisher auf drei Sparten verteilte Kerngeschäft mit reichen und superreichen Privatkunden zieht der Konzern aus Zürich in einer Division zusammen. Auch die bisher im Asien- und im Schweiz-Geschäft angesiedelten Teile des Investmentbankings sollen in die Investmentbanking-Division verlagert werden. Credit Suisse kehrt damit die vom ehemaligen Konzernchef Tidjane Thiam 2015 verordnete Dezentralisierungsstrategie praktisch um.

"DAS WIRKT UNGENÜGEND"


Für Jerome Legras von Axiom Alternative Investments gehen die Maßnahmen nicht weit genug. "Ein bisschen Umstrukturierung hier und da und ein paar Exits", fasste Legras die Schritte zusammen. "Wenn man bedenkt, was in den letzten Monaten passiert ist, wirkt das ungenügend".

Horta-Osorio, der zuvor Chef der in Schieflage geratenen britischen Lloyds war, will als Reaktion auf die Fehlschläge die Überwachung des Geschäfts hochfahren. "Wir werden das Risikomanagement bei allem, was wir tun, in den Mittelpunkt stellen", kündigte er an. Die Credit Suisse ist bekannt dafür, den einzelnen Mitarbeitern mehr unternehmerischen Spielraum einzuräumen und mehr auf Kundenwünsche einzugehen als etwa die UBS. Dies will der Portugiese zwar bewahren, gleichzeitig aber auch Kontrollfunktionen verstärken. Der Bank steht dabei noch ein langer Weg bevor, wie Vontobel-Analyst Andreas Venditti erklärte: "Während organisatorische und Managementwechsel schnell umgesetzt werden können, dürfte es Jahre dauern, das Vertrauen und den Ruf wiederherzustellen, die Risikokultur grundlegend zu ändern und eine Reihe von Altlasten zu bereinigen." An der Börse sackten die Aktien fünf Prozent ab.

ROTE ZAHLEN IM VIERTEN QUARTAL ERWARTET


An dem von vielen Analysten als zu ehrgeizig bezeichneten Ziel einer Eigenkapitalrendite von mehr als zehn Prozent hält die Bank fest, auch wenn die Vorgabe erst 2024 und damit zwei Jahre später als bisher angepeilt erreicht werden soll. In den ersten neun Monaten kam Credit Suisse vor allem wegen der Archegos-Pleite lediglich auf 1,5 Prozent. Damit hinkt sie etwa den 15,5 Prozent der UBS, die im Investmentbanking mit deutlich weniger Kapital auskommt, deutlich hinterher.

Im dritten Quartal sorgten Kosten für die Beilegung eines Bestechungs-Verfahrens und höhere Steueraufwendungen für einen Gewinneinbruch. Unter dem Strich verdiente das Institut im Zeitraum Juli bis September 434 Millionen Franken. Im Vergleich zur entsprechenden Vorjahresperiode entspricht dies zwar einem Rückgang um 21 Prozent, übertraf aber die Analysten-Erwartungen.

Für das Schlussquartal warnte die Credit Suisse vor einem Nettoverlust: Das Institut will eine Wertberichtigung von rund 1,6 Milliarden Franken für seine verbleibenden Investmentbank-Aktivitäten vornehmen.

rtr