"Diese Gräueltaten können nicht und werden nicht unbeantwortet bleiben." Die Maßnahmen, über die 27 EU-Mitglieder noch abstimmen müssen, sehen ein Einfuhrverbot unter anderem für russische Kohle vor. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schilderte in einer Video-Ansprache vor dem UN-Sicherheitsrat im Detail entsetzliche Szenen aus Butscha. Russland weist den in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwurf von Kriegsverbrechen zurück und spricht von einer "monströsen Fälschung" zur Diskreditierung Russlands.

Die EU-Kommission schlägt auch ein erweitertes Ausfuhrverbot unter anderem von Halbleitern und Computern vor, das sich laut von der Leyen auf ein Volumen von zehn Milliarden Euro belaufen soll. Bei den Import-Verboten etwa von Holz, Zement, Kaviar und Wodka seien es 5,5, bei der Kohle vier Milliarden Euro. Die Kommissions-Chefin fügte hinzu, man arbeite zudem an weiteren Sanktionen, etwa dem Verbot von Öl-Importen. Diese haben wie auch die Gas-Einfuhren aus Russland eine ganz andere Dimension: Beide Energierohstoffe kamen 2021 zusammen auf ein Import-Volumen von 100 Milliarden Euro. Wegen der großen Abhängigkeit vor allem von Gas werden gravierende Auswirkungen eines Embargos für die Wirtschaft nicht zuletzt in Deutschland befürchtet.

Zu einem möglichen Importstopp für russische Kohle äußerte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zurückhaltend. In den Beratungen über ein weiteres EU-Sanktionspaket werde auch über die Kohle geredet, sagte der Grünen-Politiker. Deutschland reduziere bereits schrittweise seine Abhängigkeit von Kohle-Importen aus Russland. "Insofern war immer die Maßgabe, dass wir im Herbst frei von russischer Kohle sein können", sagte Habeck. "Wir werden mit der EU-Kommission darüber reden, wie sich das Ganze in einem Sanktionspaket wiederfinden kann und was die anderen Partner dazu sagen." Außenministerin Annalena Baerbock, bezeichnete ein Kohle-Embargo als einen ersten Schritt zu einem Importverbot für sämtliche fossile Energieträger aus Russland.

SELENSKYJ: "SCHLIMMSTE KRIEGSVERBRECHEN SEIT 2. WELTKRIEG"


Der ukrainische Präsident Selenskyj warf Russland in einer leidenschaftlichen Ansprache vor dem UN-Sicherheitsrat vor, die Ukraine zum Schweigen bringen und versklaven zu wollen. Die Taten der russischen Invasionssoldaten seien die "schlimmsten Kriegsverbrechen" seit dem Zweiten Weltkrieg und dürften nicht ungesühnt bleiben. Der russische UN-Botschafter Wassily Nebensia erwiderte darauf: "Wir haben noch einmal eine große Menge an Lügen über russische Soldaten und das Militär gehört."

Selenskyj forderte zu einer Reform des Veto-Systems im Sicherheitsrat auf, mit dem unter anderem Russland Resolutionen blockieren kann. Russland wandele sein Veto-Recht in ein Recht auf Töten um, sagte er. Russland gehört aus historischen Gründen mit den USA, China, Frankreich und Großbritannien zu den ständigen Mitgliedern im UN-Sicherheitsrat, die mit ihrem Veto-Recht Entscheidungen stoppen können. Schon vor dem Krieg in der Ukraine hat es immer wieder Blockaden in dem Gremium gegeben.

China lehnte unterdessen eine Verurteilung Russlands wegen der Berichte über Gräueltaten zunächst ab. Zwar seien die Bilder aus Butscha sehr verstörend, sagt der chinesische UN-Botschafter Zhang Jun. Die genauen Umstände müssten aber aufgeklärt werden, alle Vorwürfe auf Fakten gründen.

Auch als Reaktion auf Butscha erklärte die EU 19 russische Diplomaten in Belgien zu unerwünschten Personen. Italien wies 30 russische Diplomaten aus, Dänemark 15 weitere. Am Montag hatte Deutschland 40 Russen des Landes verwiesen, Frankreich 35.

Einem russischen Medienbericht zufolge wurden die Gespräche zwischen Russland und der Ukraine am Dienstag per Videoschalte fortgesetzt. Selenskyj zufolge wird es möglicherweise keine direkten Gespräche zwischen ihm und Russlands Präsidenten Wladimir Putin geben. Zu Verhandlungen gebe es jedoch keine Alternative. Ein Treffen Putins mit Selenskyj sei nur möglich, wenn es eine Einigung gebe, erklärte die russische Regierung.

Die Ukraine und westliche Länder sprechen von einem russischen Angriffskrieg und einer Invasion, die am 24. Februar begonnen hat. Russland hat sein Vorgehen dagegen zunächst als Spezialoperation zur Zerstörung militärischer Stützpunkte und "Entnazifizierung" bezeichnet. Nun wird in Moskau als Hauptziel die Eroberung der Ostukraine genannt.

rtr