DAS IST LOS BEI NIKOLA:

Es sah doch alles so toll aus: Das auf Batterie-Lastwagen spezialisierte Unternehmen Nikola konnte immer wieder Erfolge vermelden und wollte dem E-Auto-Konkurrenten Tesla Druck machen. Regelmäßig berichtete der Konzern über Fortschritte und neue Kooperationen. Besonderen Schub brachte Nikola dann die Ankündigung, mit VectoIQ zu einem neuen Unternehmen zu verschmelzen und zum Juni dieses Jahres unter dem neuen Kürzel NKLA an der Nasdaq aufzutreten. Und selbst eine Partnerschaft mit dem größten US-Autohersteller General Motors schien in greifbarer Nähe.

So geschmeidig, wie es sich Nikola gewünscht hatte, verlief es dann aber doch nicht. Nur zwei Tage nach der Ankündigung der Partnerschaft mit General Motors überraschte ein lancierter Bericht des Leerverkäufers Hindenburg Research und führte zu heftigen Turbulenzen.

Hindenburg beschuldigte Nikola-Gründer Milton etlicher Hochstapeleien und kam zu dem Schluss, dass es sich bei dessen Unternehmen letztlich um einen "komplexen Betrug" handele. Hindenburg wettet zwar als Finanzspekulant gegen Nikola und profitiert davon, wenn die Aktien der Firma fallen. Doch Milton konnte einige Vorwürfe nicht entkräften und musste zugeben, bei einer Produktpräsentation geblufft zu haben.

Der Konzern schaltete die US-Börsenaufsicht SEC ein, um den Bericht zu prüfen. Aber Nikola geriet auch selbst in das Visier der Behörde, sie will mögliche Verstöße gegen Wertpapiergesetze prüfen, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf nicht namentlich genannte Personen berichtete. Die "Financial Times" berichtete derweil von Ermittlungen des US-Finanzministeriums.

Unterdessen trat Milton als Chef zurück. Er habe seinen Posten freiwillig geräumt, um die negative Aufmerksamkeit, die seine Person betreffe, nicht weiter auf Nikola zu lenken.

General Motors dreht sein geplantes Engagement bei dem Unternehmen nun ein ganzes Stück weit zurück: Anfang dieser Woche teilte Nikola mit, zwar eine Liefervereinbarung mit dem Autokonzern getroffen zu haben. Die Hoffnung auf einen milliardenschweren Einstieg von GM ist damit aber vom Tisch. Auch Pläne für einen gemeinsamen Elektro-Pick-up wurden demnach verworfen. Der weltgrößte deutsche Autozulieferer Bosch reduzierte zuletzt seinen Anteil an Nikola leicht auf unter 5 Prozent.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Von den sechs Analysten bei Bloomberg, die sich mit Nikola beschäftigen, raten drei zum Kauf, zwei empfehlen die Aktie zu halten, ein Analysehaus spricht eine Verkaufsempfehlung aus. Das Kursziel der Experten liegt im Schnitt bei 30 US-Dollar. Damit hat die Aktie derzeit noch ordentlich Luft nach oben.

Zu den optimistischeren Analysten gehört Paul Coster von der US-Bank JPMorgan. Er hat das Kursziel zwar nach den Quartalszahlen erneut gesenkt, aber nur geringfügig um einen Dollar. Sein Kursziel liegt nun bei 40 Dollar und er sieht die Aktie weiter als gute Investition. Die Resultate hätten insgesamt die Prognosen getroffen, schrieb er im November. Der Verlust sei niedriger als befürchtet und die Liquidität höher als erwartet ausgefallen.

Das Analysehaus RBC traut dem Tesla-Konkurrenten deutlich weniger zu, vor allem, nachdem die geplante Aktienbeteiligung von General Motors geplatzt ist. Analyst Joseph Spak senkte sein Kursziel daraufhin von 19 auf 17 US-Dollar, beließ seine Bewertung aber bei "Sector Perform". Nun gebe es keinen Verwässerungseffekt für die Aktien, schrieb er. Die Absage eines gemeinsam produzierten Elektro-Pick-Up sei mittelfristig kein Beinbruch.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Mit einem Kurs von knapp 19 Dollar ist eine Nikola-Aktie derzeit fast doppelt so viel wert wie zum Börsendebüt Mitte Juni 2018. Zu diesem Zeitpunkt war das Unternehmen als Spin-Off der VectoIQ Acquisition Corp an der US-Börse Nasdaq mit 9,57 Dollar notiert.

Insgesamt änderte sich am Kurs die Monate nach dem Börsenstart kaum etwas. Erst Anfang März 2020 kam etwas Bewegung rein, der Kurs sprang in drei Tagen um 57 Prozent nach oben. Grund war die Ankündigung, dass aus VectoIQ und Nikola ein neues Unternehmen wird. Doch der große Schub folgte erst kurze Zeit später: Von Anfang Mai bis Anfang Juni - dem Start der Notierung unter dem Kürzel NKLA - stieg der Kurs auf das Siebenfache.

Der Hype um Nikola ließ ihn fast die 100-Dollar-Marke knacken. Bei 93,99 Dollar war aber nur wenige Tage nach dem Nasdaq-Debüt von NKLA Schluss: Der Kurs pendelte sich wieder ein und lag mehrere Wochen lang bei 60 bis 70 Euro. Seither ging es mit wiederkehrenden Aufs und Abs weiter abwärts.

Der letzte bedeutsame Anstieg gelang Nikola mit der Ankündigung der Partnerschaft mit General Motors Anfang September. Die Kursgewinne musste der Konzern aber mit den Hindenburg-Vorwürfen komplett abgeben. Der Kurs brach auf einen neuen Tiefststand seit dem NKLA-Debüt im Juni ein.

Insgesamt bringt es Nikola zurzeit auf eine Marktkapitalisierung von 7,3 Milliarden Dollar - ein Fliegengewicht verglichen mit dem Rivalen Tesla, der es derzeit auf stolze rund 562 Milliarden Dollar schafft.

dpa-AFX