Mit dem Klima ist längst nicht mehr alles prima. Rekordhohe Temperaturen und steigende Meeresspiegel, gepaart mit Dürren und Wassermangel legen Zeugnis davon ab. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten oder sie zumindest zu bremsen, soll - trotz aller Terrorsorgen - vom 30. November bis zum 11. Dezember in Paris der 21. UN-Klimagipfel stattfinden. Die bis zu 50 000 Teilnehmer werden sich zur Rettung der CO2-Bilanz schwer ins Zeug legen müssen.

Trotz intensiver Verhandlungen im Vorfeld ist unsicher, ob das Ziel, die durchschnittliche weltweite Klimaerwärmung auf maximal zwei Grad Celsius seit Beginn der Messungen im Jahr 1870 zu begrenzen, nach der Tagung noch aufrechterhalten werden kann. Noch wird über die Finanzierung der nötigen Umweltschutzmaßnahmen gestritten. Doch der Druck, sich zu einigen, ist groß. So befürworten 78 Prozent der vom US-Institut Pew Research Center in 40 Ländern Befragten ein Abkommen zur Begrenzung der Treibhausgase. Zudem scheint die Umwelt selbst einen Hilferuf zu senden: Wetterexperten erwarten, dass das Klimaphänomen El Niño in diesem Jahr besonders heftig ausfallen wird.

Die Investoren sind ebenfalls betroffen, und zwar nicht nur, weil Forscher bei einer Erderwärmung von zwei bis vier Grad Celsius mittelfristig den Börsen-Bullen nahe der Wall Street in New York absaufen sehen, sondern auch, weil die vorhergesagten Einflüsse auf die Finanzmärkte, die von Klimawandel, Umweltschutz und Nachhaltigkeit ausgehen, schon längst Realität geworden sind.

Der Naturschutz bewegt die Märkte, wobei die Kursfolgen nicht immer positiv sind. Die Versorger Eon und RWE, denen die deutsche Energiewende ein Kursdesaster bescherte, können davon ein Lied singen. Ähnliches würde den Produzenten fossiler Energieträger wie Erdöl oder Kohle drohen, falls beschlossen wird, viele der im Boden schlummernden Vorräte aus Umweltschutzgründen dort ruhen zu lassen. Und diese Option ist mehr als Wahlkampfgetöse. Der Umdenkprozess auf Politikerebene kommt trotz vieler gebrochener früherer Klimagipfel-Versprechen in zwei Entscheidungen zum Ausdruck: So hat US-Präsident Barack Obama den Bau der umstrittenen kanadisch-amerikanischen Ölpipeline Keystone blockiert und Großbritannien will innerhalb von zehn Jahren seine Kohlekraftwerke schließen.

Doch nicht nur die Politiker bewegen sich. Auch immer mehr Anleger entdecken ihr grünes Herz. Mit gutem Beispiel will unter anderem der Pensionsfonds des niederländischen Gesundheits- und Sozialsektors vorangehen. Eben erst beschlossen die Verantwortlichen dort, die Gewichtung besonders kohlendioxidintensiver Unternehmen binnen vier Jahren auf null zu senken. Allerdings darf so ein Beispiel nicht darüber hinwegtäuschen, wie viel noch passieren muss, um tatsächlich eine breite Verhaltensänderung zu erreichen.

Deutlich wird das an Daten des Vermögensverwalters RobecoSAM, der sich auf nachhaltige Investments spezialisiert hat. Demnach haben sich nur knapp zwei Prozent der Investoren für das kommende Jahr Ziele zur Verringerung der Kohlendioxidemissionen gesetzt. Darüber hinaus sollen unter den 500 größten Investoren nur sieben Prozent die mit ihren Portfolios verbundenen Emissionen berechnen können.

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Heißes Klima, schwache Wirtschaft



Wegen der gravierenden Folgen im Falle einer nachhaltigen Erderwärmung ist es jedoch sinnvoll, sich intensiver mit Klimawandel und nachhaltigem Investieren zu beschäftigen. Wie viel auf dem Spiel steht, rechnet das britische Cambridge Institut für nachhaltige Führung vor. Falls es nicht gelingt, den Temperaturanstieg auf maximal zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, könnte die weltweite Wirtschaftsleistung um mehr als 20 Prozent geringer ausfallen, als wenn die Zielvorgabe erreicht würde, heißt es in einer Studie. Zudem könnten primär aus Aktien bestehenden Portfolios dann Wertverluste von bis zu 45 Prozent drohen.

Das Gute ist trotz aller Herausforderungen, dass jeder Privatanleger mit etwas gutem Willen einen Nachhaltigkeitsbeitrag leisten kann. Die Performance muss darunter nicht leiden. So erzielten Nachhaltigkeitsindizes in den Vorjahren ähnliche Resultate wie traditionelle Börsenbarometer. Ein Selbstläufer sind nachhaltige Anlagen aber nicht - weder für Investoren noch für Unternehmen. Die Liste der gescheiterten früheren Öko-DAX-Mitglieder ist lang, und der deutsche Geschäftsklimaindex für erneuerbare Energien weist keinen stabilen Aufwärtstrend auf.

"Nur der Ausbau der Windenergie ist derzeit erfreulich, allerdings wird die Situation vom geplanten Ausschreibungsverfahren ab 2017 negativ überlagert", sagt Norbert Allnoch, Institutsdirektor beim Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien. "Der Photovoltaik-Markt wird in Deutschland von einem Neuzubau in Höhe von 7600 Megawatt 2012 auf voraussichtlich nur etwas über 1000 Megawatt in diesem Jahr einbrechen. Im Bioenergiesektor ist der Zubau 2015 nahe null. Vor diesem Hintergrund ist die Stimmung nachvollziehbar."

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Kein regional gleichmäßiges Wachstum



Allnoch weist aber darauf hin, dass der deutsche Geschäftsklimaindex nicht die weltweite Situation widerspiegele. Das Wachstum im Bereich erneuerbare Energien sei vielmehr weltweit ungebrochen, es falle nur regional sehr unterschiedlich aus. Global gesehen solide Rahmendaten bescheren auch dem Aktienindex Renixx (Renewable Energy Industrial Index) seit Ende 2013 wieder einen Aufwärtstrend. Dessen zuvor glockenförmiger Verlauf erinnert aber daran, wie volatil so ein trendiges Segment sein kann.

Deshalb mahnt Ewen Cameron Watt vom Blackrock Investment Institute allgemein zu einer gewissen Vorsicht. "Ein wachstumsstarker Bereich wie erneuerbare Energien ist nichts für Herzschwache", so der Chefanlagestratege. "Denn wenn zu viel Kapital nur limitierten Anlageoptionen hinterherjagt, entstehen Blasen. Mit steigender Alltagsnutzung und zunehmendem Wettbewerb fallen dann die Kurse aber in den meisten Fällen wieder."

Daher ist es beruhigend, dass sich derzeit keine allgemeine Blase im Bereich der erneuerbaren Energien feststellen lässt. Wen das lockt, der sollte Folgendes beachten: Laut Blackrock sind Schweden und Frankreich wegen relativ geringer Emissionen und vergleichsweise hoher Energieeffizienz gut auf eine weniger kohlenstoffintensive Welt vorbereitet.

Anders sieht es dagegen für die beiden größten Kohlendioxidausstoßer China und die USA sowie für die Energieexporteure Russland und Saudi-Arabien aus. Was Branchen angeht, stuft S & P Dow Jones Indices die Kohlenstoffintensität der Bereiche Versorger, Materialien sowie Energie als am höchsten ein. In den Bereichen Gesundheit, Finanzen sowie Telekomdienstleistungen ist sie am niedrigsten. Bei unseren Empfehlungen haben wir einen bunten Strauß an Aktien zusammengestellt, die komplett oder teilweise mit Umwelt und Nachhaltigkeit zu tun haben. Regional liegt mit dem Solar- und Windparkbetreiber Capital Stage, dem ökologischen Kreditprojektfinanzierer Umweltbank, dem Anbieter ethisch-ökologischer Kapitalanlagen Ökoworld, dem Dämmstoffhersteller Steico und dem Windkraftexperten Nordex der Schwerpunkt auf Deutschland.



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Rückenwind für Ökoaktien



Capital Stage hat in diesem Jahr einen Lauf. Der SDAX-Konzern hat erst kürzlich nach kräftigem Wachstum in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres den Ausblick für das Gesamtjahr angehoben. Nordex stärkt derweil mit der Übernahme der Windkraftsparte des spanischen Baukonzerns Acciona seine Marktposition. Das Mitglied unseres Nebenwerte-Wikifolios bleibt ein Dauerfavorit.

Aus dem Ausland hinzu kommen der auch als Autozulieferer tätige US-Spezialist für Batterie- und Gebäudetechnik Johnson Controls, der italienische Erneuerbare-Energien-Versorger Enel Green Power, der britische Busse- und Eisenbahnbetreiber Go-Ahead, der französische Kunststoffverarbeiter Plastic Omnium sowie der portugiesische Korkspezialist Corticeira Amorim. Nachdem die Kork-Aktie seit unserer Empfehlung in Heft 43/2015 gestiegen ist, passen wir unseren Ziel- und Stoppkurs nach oben an. Dank jeweils passabler Chartbilder und unterstellten Gewinnsteigerungen für 2016 sollten die Portfolios damit für die nächste Stufe des Klimawandels gerüstet sein.



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