Unsicherheiten infolge des Ukraine-Krieges und die andauernden Lieferketten-Probleme in China zwingen den Windanlagen-Hersteller Nordex zur Korrektur seiner Jahresziele. Statt einer operativen Gewinnmarge (Ebitda-Marge) von 1 bis 3,5 Prozent rechne der Vorstand nun mit minus 4 bis 0 Prozent, teilte das im Nebenwerte-Index SDax notierte Unternehmen am Dienstagabend nach Börsenschluss überraschend mit.

Der Umsatz werde mit 5,2 bis 5,7 Milliarden Euro etwas niedriger ausfallen als bislang angenommen (5,4 bis 6,0). Zum Vergleich: Das vergangene Jahr hatte Nordex mit einem Umsatz von 5,4 Milliarden Euro und einem operativen Ergebnis von 52,7 Millionen Euro abgeschlossen.

2022 können demnach nur noch im besten Fall schwarze Zahlen erreicht werden. So rechnet das Unternehmen im laufenden Jahr derzeit eher mit einem operativen Verlust. "Wir müssen davon ausgehen, dass uns einige dieser Effekte bis in das kommende Jahr begleiten werden", sagte Konzernchef José Luis Blanco.

Die Folgen aus beiden geopolitischen Ereignissen - Ukraine-Krieg und China-Lockdown-Auswirkungen - seien im aktualisierten Ausblick nun enthalten. Durch den Angriffskrieg Russlands rechnet das Unternehmen zudem mit einem Umsatzverlust von rund 200 Millionen Euro. Ferner sei mit weiteren Abschreibungen zu rechnen. "Die unmittelbaren Auswirkungen hieraus könnten sich auf bis zu einem Prozentpunkt der Ebitda-Marge im Geschäftsjahr 2022 belaufen", hieß es.

Auswirkungen auf die Gewinnmarge


Die volatile Situation und die Lieferkettenstörungen insbesondere bei Seefracht-Buchungen belaste laufende Projekte erheblich, hieß es vom Vorstand weiter. Er verzeichne erhebliche Engpässe bei Stahl und anderen kritischen Komponenten. Zwar seien Umfang und Ausmaß schwierig abzuschätzen und noch schwerer vorherzusagen. Nordex rechnet aber damit, dass diese Faktoren ebenfalls die Ebitda-Marge belasten werden.

In der neuen Prognose enthalten seien zudem Kosten und Auswirkungen durch einen Hackerangriff Ende März. Dieser hatte bereits zur Folge, dass Nordex die Vorstellung der Zahlen zum ersten Quartal auf Mitte Juni verschob. Weil danach zeitweise der Zugriff auf verschiedene Systeme eingeschränkt war, verzögerten sich interne Abläufe.

Einschätzungen zur Nordex-Aktie


An der Börse verschrecken die Nachrichten die Anleger stark: Im Late-Handel stürzte die Aktie bis unter die 11-Euro-Marke ab. Gegenüber dem Xetra-Schlusskurs notieren die Nordex-Papiere am Dienstag-Morgen noch über acht Prozent niedriger bei etwa 11,52 Euro.

Analysten korrigieren ihre Kursziele. Die Investmentbank Oddo BHF senkte Nordex von "Outperform" auf "Neutral" und kürzte das Kursziel von 18,50 auf 13,00 Euro. Es gebe viele Gründe für die Prognosekürzungen, die allerdings hauptsächlich nicht-wiederkehrend seien, schrieb Analyst Anis Zgaya. 2022 werde jedoch zu einem viel schwierigeren Jahr als befürchtet. Er rechnet mit größeren Kursschwankungen, solange sich die Lage in der Ukraine und in China nicht bessert und geht nun vorsichtiger an die Aktie heran.

Analyst Constantin Hesse von der US-Bank Jefferies vermutete am Vorabend in einer ersten Reaktion, dass der enttäuschende Ausblick zumindest in Teilen am Markt bereits eingepreist sei. Seine Einstufung für Nordex beließ er auf "Buy" mit einem Kursziel von 20 Euro.

Die US-Investmentbank Goldman Sachs hat die Einstufung für Nordex nach dem verdüsterten Ausblick auf "Neutral" mit einem Kursziel von 18,30 Euro belassen. Obwohl diese Ankündigung im aktuellen Umfeld nicht völlig überraschend komme, sei sie doch negativ zu werten, schrieb Analyst Ajay Patel am Mittwoch. Die neue Margen-Zielspanne spreche im Mittelwert für ein negatives Ebitda in Höhe von etwa 109 Millionen Euro, während der Konsens noch bei einem Plus von 153 Millionen stehe.

BÖRSE ONLINE hatte die Nordex-Aktie zuletzt im März zum Kauf empfohlen und eine Stop-Loss-Marke von 12,50 Euro ausgegeben. Diese wurde nun unterschritten. Der SDax-Wert wandert auf eine Watchlist.

mmr mit dpa und rtr