von Herausgeber Frank-B. Werner

An der Börse hat sich das neue Jahr ganz gut angelassen. Hoffen wir, dass es sich so fortsetzt. Nur der Vorsicht halber sei auf zwei Widerhaken hingewiesen. Da sind zunächst die Schuldentürme: Die Konsumenten, die Firmen, die Staaten - fast überall auf der Welt nehmen sie immer neues Geld auf. Richtig gefährlich wird es, wenn das frische Geld praktisch nur noch für den Schuldendienst gebraucht wird. Der zweite große Widerhaken könnte sich aus den Wahlen in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland (vielleicht wählt auch Italien) ergeben. Veranstalten die Stimmbürger angesichts der Unsicherheiten im Zeichen von Terroranschlägen, der als unkontrolliert empfundenen Zuwanderung und der Zumutungen der Digitalisierung eine Rebellion, wird es eine Hinwendung zum Nationalen geben, die über das Politische hinausschießen und auf den freien Handel übergreifen könnte.

Im "Handelsblatt" fand sich am Montag ein interessanter Gastbeitrag des früheren britischen Premierministers Tony Blair. Als ob er insbesondere der Großen Koalition in Berlin die Leviten läse, kritisiert er, dass die linke und die rechte Mitte in Europa selbstzufrieden und abgehoben nur noch den Status quo verwalteten. Um die Wähler zurückzuerobern, fordert er eine Wiederbelebung der politischen Programmatik, um die Menschen davon zu überzeugen, dass die Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft aktiv gestaltet werden.

Abschließend sei an Hans Tietmeyer erinnert, den letzten Präsidenten der Bundesbank zu Zeiten der D-Mark. Tietmeyer studierte zunächst ein paar Semester Katholische Theologie, wechselte dann aber zu den Wirtschaftswissenschaften und promovierte schließlich in Köln, wo ihn Alfred Müller-Armack, der Erfinder des Begriffs "Soziale Marktwirtschaft", prägte. 1991 wurde er Vizepräsident und im Herbst 1993 Präsident der Bundesbank, wo er die schwere Aufgabe hatte, die deutsche Stabilitätsinstitution schlechthin in eine Europäische Währungsunion zu führen, die er eigentlich nicht wollte und vor deren Risiken er beharrlich warnte. Er war ein Anhänger der Krönungstheorie, nach der eine Währungsunion ohne politische Union nicht funktionieren könne. Am Dienstag nach Weihnachten ist Hans Tietmeyer 85-jährig gestorben.