Schaut man auf die Entwicklung der großen internationalen Börsen seit Ende März, so scheint unter den Anlegern viel Zuversicht zu herrschen. Der MSCI World Index hat rund 25 Prozent zugelegt; er notiert damit gut 15 Prozent unter dem Schlussstand des famosen Börsenjahres 2019. Wüsste man nicht um die Corona-Problematik, sähe das wie die deftige Korrektur im Herbst 2018 aus, als die Märkte im Durchschnitt rund 18 Prozent verloren - nur um danach umso stärker wieder zu steigen. Das macht einerseits Mut, mahnt andererseits aber zur Vorsicht. Wenn die Märkte schon in einem "normalen" Umfeld so stark korrigieren können, dann scheinen sie im jetzigen CoronaUmfeld vielleicht doch (noch) etwas überbewertet. Viele Anleger scheinen die Verwerfungen durch die Corona-Krise zu ignorieren. Kommt es in diesem Jahr tatsächlich zu der vom Internationalen Währungsfonds prognostizierten Schrumpfung der Weltwirtschaft, holt uns der Lockdown in Form von Insolvenzen und massiv steigenden Arbeitslosenzahlen im Sommer und Herbst wieder ein - und spätestens dann werden auch die Erwartungen an die Unternehmensgewinne nach unten revidiert. Das muss nicht so kommen, aber man sollte ein bisschen Pulver trocken halten.

Die 27 Staats- und Regierungschefs der EU diskutieren bei ihrem Videogipfel in dieser Woche erneut die Frage der Euro-Bonds, die diesmal unter dem Rubrum "Corona-Bonds" insbesondere von Italien und Spanien gefordert werden. Die Argumente gegen die Gemeinschaftshaftung für von einzelnen Ländern ohne Verwendungsnachweis aufgenommene Kredite sind aber immer noch die alten. Am Ende wird man sich auf einen schlechten Kompromiss verständigen, der zum Beispiel in der Gründung einer sogenannten Bad Bank liegen kann, in die Banken aus ganz Europa ihre notleidenden Kredite einbringen - und deren Finanzierung von den starken Ländern überproportional dotiert werden könnte. Das würde die Südländer entlasten, weil sie ihre Geschäftsbanken nicht rekapitalisieren müssten. Und es wäre solidarisch.