von Frank-B. Werner

Können Sie sich noch an Dennis Kozlowski erinnern? Der heute 67-Jährige stand zur Jahrtausendwende an der Spitze des Mischkonzerns Tyco, den er seit 1992 mit aggressiven Übernahmen immer größer gemacht hatte. Bei einem Aktiensplit kam man ihm auf die Schliche. Mithilfe seines Finanzchefs Mark Swartz hatte Kozlowski das Unternehmen ausgeplündert, Bilanzen gefälscht, Aufsichtsorgane und Wirtschaftsprüfer belogen. Er wurde nach einem langwierigen Verfahren 2005 zu 134 Millionen Dollar Schadenersatz und einer Freiheitsstrafe von bis zu 25 Jahren verurteilt. Nun wird er nach Verbüßung der Minimumstrafe von acht Jahren und vier Monaten begnadigt. Ähnliches Glück scheint Jeffrey Skilling zu haben. Der ehemalige Chef des US-Energiekonzerns Enron buchte Termingeschäfte bereits bei Abschluss als Erlös, pumpte den Umsatz mit Tochtergesellschaften außerhalb des Konsolidierungskreises auf, wies die Verschuldung von Offshore-Gesellschaften nicht in der Konzernbilanz aus und bewertete Aktiva zu hoch. Das Unternehmen ging pleite, 20 000 Mitarbeiter verloren ihren Job und den Großteil ihrer Altersversorgung. Von den 24 Jahren Haft wurden Skilling jetzt zehn erlassen. Auch der Boss des Telekomriesen Worldcom, Bernie Ebbers, hat ein Gnadengesuch gestellt. Er sitzt 25 Jahre für einen Elf-Milliarden-Betrug. Gnade vor Recht.

Das ist eine gute Nachricht: Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete am vergangenen Sonntag, dass 2013 fast 30 000 Ermittlungen gegen rund 40 000 Funktionäre wegen des Verdachts der Bestechlichkeit aufgenommen wurden. Damit macht das Land wohl tatsächlich Ernst mit dem von Staats- und Parteichef Xi Jinping bei seinem Amtsantritt vor einem knappen Jahr angekündigten Kampf gegen die Korruption. Je mehr Markt im wachstumsstarken China herrscht, umso besser für die Welt.

Wenn Experten übereinstimmen, kommt es meistens anders. Insofern müsste man für dieses Jahr pessimistisch sein. Allerdings wird die Entwicklung der Unternehmensgewinne immer noch unterschätzt, die Dividendenrenditen sind attraktiv, die Bilanzen solide. Wer langfristig denkt, kann sich ruhig engagieren.