Die wichtigste Frage wurde am vergangenen Wahlsonntag nicht gestellt: Wie kann es sein, dass die Demoskopen so furchtbar daneben liegen? Hatte es in den Wochen vor der Wahl in Sachsen-Anhalt noch geheißen, CDU und AfD lägen quasi gleichauf, stellte sich am Ende ein Abstand von 16 Prozentpunkten zwischen den Kontrahenten ein (37,1 gegenüber 20,8 Prozent). Ökonomen haben dafür zwei Erklärungen. Entweder offenbaren die Leute in Befragungen ihre wahren Präferenzen nicht (mehr), oder die Stichprobe wurde falsch gezogen. Das zweite Problem ist lösbar, das erste nicht. Von der Einführung neuer Produkte kennen Konsumgüterhersteller solche irreleitenden Ergebnisse. Da antworten viele Befragte aus Höflichkeit, dass ihnen der vegane Holunderblüten-Knusperkeks wunderbar schmecke. Nur wenn er dann irgendwann im Regal steht, kaufen sie ihn nicht. Unternehmer verlassen sich deshalb eigentlich nur auf echte Markttests. Und Politiker (und wir Journalisten) sollten vielleicht nicht so viel auf Umfrageergebnisse geben.
Bei aller Freude über den Spruch des Bundesfinanzhofs: Die Doppelbesteuerung von Renten ist nicht unser größtes Problem in der Altersvorsorge. Die Lebenserwartung hat sich im Verlauf der vergangenen 100 Jahre um rund 30 Jahre ausgedehnt, viel spricht dafür, dass es für die heute 60-Jährigen nicht mehr erwähnenswert sein wird, wenn jemand bei bester Gesundheit 100 wird. Die Tragfähigkeit aller Altersvorsorgesysteme wird damit auf die Probe gestellt. Und damit wir nicht nach dem oben beschriebenen Demoskopie- in ein Demografie-Desaster hineinlaufen, können wir nur an zwei Stellschrauben drehen: den Auszahlungen und den Einzahlungen. Verbindende Komponente dieser Schrauben ist das Renteneintrittsalter: Je später jemand in den Ruhestand tritt, umso länger zahlt er ein. Aus einem höheren Anspruch werden dann für eine kürzere Rentenbezugszeit monatliche Auszahlungen dotiert. Es führt nichts an einem flexiblen Renteneintrittsalter vorbei, wo jeder für sich den richtigen Mix aus Renteneintritt und Rentenhöhe festlegt.