von Frank-B. Werner

Das ist ein falsches Signal! Für Banken, die - wie in Europa eigentlich alle - nach dem IFRS-Standard ihre Bücher führen, folgt auf einen Beschluss der im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht vertretenen nationalen Regulierungsbehörden eine deutliche Entspannung in Sachen Eigenkapital. Damit kommt man den Forderungen der Amerikaner entgegen, die ihre Banken auch nach den jüngsten Finanzkrisen weniger hart anfassen wollen. Hintergrund: Während die amerikanischen Vorschriften zur Rechnungslegung (US-GAAP) erlauben, Positionen zur Absicherung von Risiken auf beiden Seiten der Bilanz zu kürzen (Netting), müssen sie nach IFRS offen ausgewiesen werden. Das bläht die Bilanz auf.

Eine größere Bilanzsumme erschwert naturgemäß die Erfüllung der Verschuldungsquote. Damit US- und europäische Banken unter gleichen Bedingungen in Wettbewerb treten können, musste es zu einer Vereinheitlichung kommen. Leider ist die nun beim laxeren Standard gefunden worden. Auch Europas Banken werden also bei kurzlaufenden Derivategeschäften und bei Wertpapierpensionsgeschäften (mit denselben Kontrahenten) das Netting anwenden können. Weil nun weniger haftendes Eigenkapital nötig ist, wird es künftig wesentlich leichter, die Verschuldungsquote von drei Prozent bezogen auf die gesamte (ungewichtete) Bilanzsumme zu erreichen. Oder umgekehrt: Mit demselben Eigenkapital kann ein größeres Rad gedreht werden. Die Finanzwelt ist damit wieder ein Stück unsicherer geworden.

Für Aktionäre großer europäischer Banken ist die Aufweichung der Verschuldungsregel aber eine gute Nachricht. Solange es wegen der Systemrelevanz der Institute eine implizite Haftung der Steuerzahler gibt, bietet jede Erleichterung der Eigenkapitalvorschriften eine Ausweitung der Ertragsmöglichkeiten ohne korrespondierendes Risiko. Das sollte den Kursen großer Bankaktien weiter Auftrieb geben.

Für die distanzierte Berichterstattung über die Windparkfirma Prokon und die Werthaltigkeit des von ihr eingeworbenen Genussrechtskapitals in Höhe von 1,4 Milliarden Euro hat sich BÖRSE ONLINE manche Ohrfeige eingefangen. Inzwischen bat das Prokon-Management Anleger, auf Kapitalrückzahlungen und Zinsen vorerst zu verzichten, sonst drohe Ende Januar die Zahlungsunfähigkeit. Auch acht Prozent Zinsen rechtfertigen manches Risiko nicht.