Die Ölpreise zeigen sich am Mittwoch abwartend. Am Mittag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 104,40 US-Dollar und damit in etwa so viel wie am Vortag (siehe Chart). Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate ( WTI) stieg geringfügig auf 95,16 Dollar.

0,75 oder 1,00 Prozentpunkte?


Die Teilnehmer an den Finanz- und Rohstoffmärkten warten auf die Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed am Abend. Es wird erwartet, dass die Fed ihren Kampf gegen die hohe Inflation mit einer weiteren kräftigen Zinsanhebung fortsetzt. Es gilt nahezu als sicher, dass die Fed am Mittwoch den Leitzins erneut um 0,75 Prozentpunkte anheben wird. Ganz ausgeschlossen wird auch ein noch deutlicherer Zinsschritt um 1,00 Prozentpunkte nicht. Allerdings sind zuletzt auch die Rezessionssorgen gestiegen, was die Zinserwartungen etwas gedämpft hat.

Die Aufmerksamkeit der Börsianer richtet sich auf den Ausblick. US-Notenbankchef Jerome Powell werde aber wohl enttäuschen, sagte Anlagestratege Francois Rimeu vom Vermögensverwalter La Francaise. "Er wird wahrscheinlich nicht zu viele Informationen über den Umfang der Anhebung im September geben, um sich alle Optionen offen zu halten."

Mit steigenden Zinsen wachsen die Ängste vor einer wirtschaftlichen Talfahrt, die auch am Ölmarkt Spuren hinterlassen würde. Vor der Fed-Entscheidung werden am Nachmittag noch neue Lagerdaten des US-Energieministeriums erwartet. Am Vortag hatte der Verband American Petroleum Institute einen deutlichen Abbau der landesweiten Rohölvorräte gemeldet. Die wöchentlichen Vorratszahlen werden wegen ihrer Aussagekraft für die Lage am Ölmarkt stets beachtet.

Gaspreis deutlich gestiegen


Aus Russland fließt derweil immer weniger Gas nach Europa. Am Mittwoch hat der russische Energiekonzern Gazprom die Liefermenge durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland wie angekündigt nochmal um die Hälfte verringert - auf nur noch 20 Prozent der maximalen Kapazität. Vielfach wird befürchtet, dass der Gasstrom aus Russland bald ganz versiegen könnte.

Die ungewisse Versorgungslage treibt den europäischen Erdgaspreis weiter an. Am Mittwochvormittag stieg der Preis am Terminmarkt für eine Megawattstunde niederländisches Erdgas zur Lieferung im August zeitweise um über zehn Prozent bis auf 224 Euro. Zuletzt kommt der Preis wieder auf gut 200 Euro zurück, hält sich damit aber immer noch auf dem höchsten Niveau seit den Rekordpreisen im März (siehe Chart). Der Preis bezieht sich auf den Terminkontrakt TTF, der in Europa als Richtschnur für das Gaspreis-Niveau angesehen wird.

Ein Lieferstopp seitens Russland gilt seit dem Ukraine-Krieg als großes wirtschaftliches Risiko für Europa, da viele Länder stark von den Gas-Lieferungen Russlands abhängig sind. Ökonomen warnen vor einer heftigen Rezession, sollten die Lieferungen komplett ausfallen.

Gas-Verbraucher sollten Rücklagen bilden


Kurzfristig komme vor allem darauf an, mehr Gas zu sparen. Gas-Haushaltskunden sollten "Geld zur Seite legen und Energie sparen", rät etwa der Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Udo Sieverding. Er hält es für möglich, dass mit der nächsten Abrechnung die Abschläge auf das Drei- bis Vierfache angehoben werden.

Er berichtete von einem Fall aus NRW, wo ein Versorger von einem privaten Kunden künftig das Fünffache dessen haben will, was er bislang zahlen musste. Kostete bei diesem Kunden die Kilowattstunde Erdgas bislang knapp 5 Cent, sollen es demnächst 25 Cent sein. Zum Vergleich: Im Schnitt zahlten Haushaltskunden 2021 laut Bundesnetzagentur 6,68 Cent je Kilowattstunde Erdgas. mmr mit dpa und rtr