Der Markt der Onlinebroker ist im Umbruch. Einige Jahre war die Branche davon geprägt, dass Onlinebroker - meist kleinere - aufgaben oder mit anderen fusionierten. Doch 2019 starteten gleich drei neue: Mit Trade Republic und Justtrade gingen bis August die ersten beiden Gratisbroker in Deutschland an den Markt. Beide verlangen keine Ordergebühren, bei Trade Republic fallen aber regelmäßig geringe Fremdkosten an. Sie finanzieren sich ausschließlich durch Provisionen der Börsenbetreiber, die sie dafür erhalten, dass sie Geschäfte auf die Börsenplattformen bringen. Kurz vor Jahresende startete mit Smartbroker der dritte Neuling: ein klassischer Discountbroker, der von den Kunden Gebühren verlangt, aber recht günstige.

Damit nicht genug, wurde 2019 begonnen, die Comdirect Bank komplett mit ihrer Mutter, der Commerzbank, zu verschmelzen. Welche Änderungen dies für Comdirect-­Kunden bringen wird, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Das gilt auch für die ebenfalls Mitte Dezember bekannt gewordene Absicht von Flatex, den niederländischen Broker Degiro zu schlucken.

Neuer Testteilnehmer


Für den jährlichen Onlinebrokertest zu Jahresanfang haben all diese Änderungen Auswirkungen: So wurde Smartbroker in den Test mit einbezogen, da er schon vom Start weg ein sehr umfangreiches Angebot hatte. Auf die Einbeziehung von Justtrade und Trade Republic wurde verzichtet, da deren Angebot (noch) sehr überschaubar ist. Im zweiten Onlinebrokertest zur Jahresmitte werden beide aber vertreten sein.

Die Aufnahme von Smartbroker ins Testfeld führt jedoch dazu, dass nicht mehr alle getesteten Broker in der Übersichtstabelle dargestellt werden können. Daher wird jeweils der Broker, der im entsprechenden Teilbereich die wenigsten Punkte sammeln konnte, lediglich in der Ergebnis-, nicht aber in der Übersichtstabelle aufgeführt.

Umfangreicher Check


Dagegen blieb die Grundanlage unseres Tests unverändert. Um 15 Onlinebroker auf Herz und Nieren zu prüfen, wurden bei jedem rund 420 Unterpunkte in insgesamt 35 Kategorien bewertet. Die Kosten und Gebühren waren dabei nicht das wichtigste Kriterium. Mit niedrigen Kosten war maximal knapp ein Viertel der insgesamt 4.500 möglichen Punkte zu erzielen.

Das Hauptaugenmerk lag darauf, wie umfassend das Angebot ist. Grundsätzlich gilt: Je wichtiger ein Aspekt für möglichst viele Privatanleger ist, desto mehr Punkte sind drin. Deren Zahl richtet sich auch danach, wie vorteilhaft etwas für Privatkunden geregelt ist (siehe auch "So wurde getestet" unten). Und: Gebührenänderungen, die zum Zeitpunkt des Tests bereits bekannt, aber noch nicht in Kraft waren, blieben bei der Bewertung unberücksichtigt. Los geht es im ersten Teil des Tests mit Fragen zu den Basics des Börsenhandels.

Welcher Anbieter hat die niedrigsten Depotgebühren?


Während das Gros der Filialbanken Jahr für Jahr ein Prozent des Depotvolumens und mehr als Depotgebühr verlangen, erheben derzeit insgesamt elf der getesteten Onlinebroker überhaupt keine Depotgebühren. Bald werden es nur noch zehn sein, denn Flatex kündigte die Erhebung einer jährlichen ­Depotgebühr von 0,1 Prozent des Depot­volumens ab 1. März an. Was bei einem Depotwert von 50.000 Euro zu zusätzlichen Kosten von 50 Euro im Jahr führt.

Noch ein Hinweis: Bei unserem Test blieb diese Gebührenerhöhung ebenso außen vor wie die Kostensenkungen, die es bei Flatex an anderer Stelle gibt. Grund ist der Bewertungsstichtag für den Test, der 1. Februar 2020.

Doch zurück: Vier weitere Broker - Comdirect Bank, S-Broker (der Onlinebroker der Sparkassen), Targobank und 1822direkt - erheben zwar Depotgebühren, jedoch lassen sich diese recht leicht umgehen, beispielsweise mit einem oder zwei Trades je Quartal oder mit einem aktiven Wertpapiersparplan (siehe PDF-Datei unten). Bei dieser Frage ließen sich maximal 22,5 Punkte holen.

Wer hat das beste Angebot beim Xetra-Handel?


Hier zeigte sich Degiro am stärksten: Mit 93 von 112,50 möglichen Punkten ließ der Broker in dieser Kategorie die Konkurrenz weit hinter sich. So ­kostet bei Degiro eine Xetra-Order auf einen DAX-­Titel im Volumen von 2.500 Euro inklusive aller Fremdkosten lediglich 2,65 Euro. Auf Platz 2 folgt Neuling Smartbroker (73,20 Punkte). Hier kostet die gleiche Order immer noch sehr günstige 5,42 Euro. Auf dem dritten Platz liegt hier in der aktuellen Auswertung die Onvista Bank mit ihrem Festpreisdepot, das sich auch über ­finanzen.net abschließen lässt. Die Bank kam immerhin auf 55,90 Punkte. Hier ist unsere ­Xetra-Beispielorder inklusive Fremdkosten für sieben Euro zu haben.

Kann beim Zufluss von Dividenden eine Gebühr fällig werden?


Ja, auch das ist möglich, jedoch recht selten. Flatex verlangt derzeit beim Zufluss von Dividenden ausländischer Aktiengesellschaften 5,90 Euro, wenn die Höhe der Ausschüttung den Gegenwert von 15 Euro übersteigt. Allerdings soll diese Gebühr zum 1. März 2020 abgeschafft werden. Bei Smartbroker werden hingegen bei Auslandsdividenden immer 50 Cent je Zufluss fällig.

Und Aktionäre, die ­auf inländische Hauptversammlungen wollen?


Die sollten ihr Depot besser nicht bei Degiro führen. Dieser Anbieter verlangt für seinen Hauptversammlungs­service - Zusendung von Eintritts- und/oder Abstimmungskarten - mindestens 100 Euro je Hauptversammlung zuzüglich entstandener Kosten. Bei Flatex kostet das lediglich 5,90 Euro und bei der Onvista Bank 5,00 Euro. Bei allen anderen getesteten Anbietern ist dieser Service gratis.

Wie hoch sind die Habenzinsen für täglich verfügbare Gelder?


Das beste Angebot ohne jede Obergrenze kommt von der NIBC Direct mit 0,2 Prozent im Jahr. Bei allen anderen Brokern gibt es Guthabenzinsen, wenn überhaupt, nur in homöopathischen Dosen von 0,001 Prozent bis 0,03 Prozent pro Jahr. Bei Comdirect, Onvista Bank, Flatex, Smartbroker und Degiro kann es beim Cash sogar zu Strafzinsen kommen.

Wie sieht es mit Ordertypen aus?


Auch da gibt es deutliche Unterschiede. So bietet Degiro gerade mal sechs verschiedene Ordertypen an. Schon bei Kombinationsorders wie One-Cancels-Others oder Next-Orders heißt es hier "leider nicht verfügbar". Andere wie Consorsbank, Flatex, Merkur Bank oder S-Broker bieten 16 und mehr Orderfunktionalitäten. Im Schnitt werden knapp zwölf verschiedene Orderarten offeriert. Allerdings wird längst nicht jede Orderfunktionalität auch an jeder Börse angeboten.

Wie hoch sind bei deutschen ­Namensaktien die Gebühren?


In diesem Punkt unterscheiden sich die Anbieter deutlich: Während beim Kauf deutscher Namensaktien die Eintragung ins Aktionärsregister von fünf Anbietern kostenlos erledigt wird, erheben neun Onlinebroker dafür Gebühren zwischen 60 Cent (DKB, Flatex, Postbank, S-Broker) und 1,95 Euro (Consorsbank) je Kauf. Bei der Onvista Bank werden je Position 89 Cent fällig, allerdings nur, wenn sich die Anzahl der Namensaktien mit derselben WKN während des Tages erhöht hat. Und die 1822direkt, eine Onlinetochter der Frankfurter Sparkasse, reicht die für die Eintragung fälligen Börsengebühren eins zu eins weiter. Bei Smartbroker wird je Eintragung ein Euro fällig, bei der Comdirect Bank 95 Cent. Tipp: Wer häufig Namensaktien - etwa der Munich Re - kauft, sollte auch diese Gebühr bei der Wahl seines Brokers nicht unbeachtet lassen.

Was ist mit Limitgebühren?


Für das Einrichten, Ändern, Streichen und Auslaufen limitierter Onlineorders wird man bei fast keinem Broker mehr extra zur Kasse gebeten. Lediglich die Postbank verlangt für das aktive Ändern einer Limitorder an deutschen Börsen 2,50 Euro, an Auslandsbörsen werden sogar 4,50 Euro fällig.

Ist es möglich, eine Order per ­Telefon aufzugeben?


In der Regel schon, doch nicht alle Onlinebroker bieten neben dem Online­orderzugang weitere Ordermöglichkeiten an. Bei DKB und NIBC Direct geht das Ordern ausschließlich online. Bei vielen anderen Brokern ist es per Telefon zwar möglich, verursacht aber zusätzliche Kosten. Die vier Onlinebroker jedoch, die eine Orderaufgabe per Sprachcomputer ermöglichen (Com­direct Bank, Consorsbank, ING, Targobank), bieten diesen Service ohne ­Zusatzkosten an.

Die Orderaufgabe per Telefonbetreuer ist bei 13 der 15 Anbieter möglich; allerdings ist dies nur bei Smartbroker kostenfrei. Alle anderen Anbieter erheben hier Zusatzgebühren zwischen drei Euro (Deutsche Postbank) und 20 Euro (Onvista Bank). Noch teurer kann es bei Targobank und Merkur Bank werden. Hier hängt die Höhe der Telefongebühr vom Ordervolumen ab: Die Targobank verlangt zusätzlich zur normalen Ordergebühr 0,25 Prozent des Ordervolumens, die Merkur Bank sogar 0,5 Prozent. Einige Anbieter ermöglichen zudem - natürlich gegen Zusatzgebühren - die Orderaufgabe via Fax und/oder Brief (siehe PDF-Tabelle unten).

Können Wertpapiere auch beliehen werden?


Neun der getesteten Broker bieten Wertpapierkredite an. Jedoch ist von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich, welche Wertpapiere generell dafür infrage kommen. Ist ein Wertpapier beleihbar, schwanken die maximalen Beleihungsgrenzen je nach Risikoprofil des beliehenen Wertpapiers zwischen 20 und 90 Prozent des aktuellen Kurswerts. Die Zinssätze liegen hier je nach Anbieter derzeit zwischen 1,25 Prozent (Degiro) und 5,51 Prozent (Consorsbank) im Jahr.

Wie ist es um die Sicherheit beim Onlinebrokerage bestellt?


Im Test wurde auch betrachtet, wie es um die Sicherheit des Onlinebrokerage bestellt ist. So wurde abgefragt, wie kulant sich die Broker gegenüber Kunden zeigen, die von Cyberkriminellen betrogen wurden. Ergebnis: Derzeit müssen lediglich bei fünf Banken die Kunden, die sich leicht fahrlässig verhielten, überhaupt nicht für den Schaden aufkommen. Weitere sechs Institute stehen für maximal 150 Euro Schaden gerade. Bei Degiro und Postbank müssen die Kunden dagegen den gesamten Schaden selbst tragen. Grundsätzlich ist das auch bei der Targobank so, allerdings haben hier Kunden die Möglichkeit, eine kostenlose Sicherheits­registrierung vorzunehmen. Dann trägt im Fall des Falles die Targobank den Schaden in voller Höhe. Und das auch bei grober Fahrlässigkeit.

Übrigens: Bei grober Fahrlässigkeit ersetzen ansonsten lediglich Consors­bank, DKB und ING den Schaden komplett. Maxblue steht auch bei grober Fahrlässigkeit mittels einer Sicherheitsgarantie für den Schaden ein, aber nur, wenn der Schaden aus Transaktionen im Volumen von maximal 100.000 Euro unter Nutzung von Photo-TAN, mTAN und HBCI/FinTS resultiert. Bei allen anderen Anbietern haftet der Kunde bei grober Fahrlässigkeit unbeschränkt.

Was heißt Referenzkontoprinzip?


Ganz einfach: Wird dieses Prinzip beachtet, kann Geld ausschließlich auf ein vorab festgelegtes Konto bei einer fremden Bank überwiesen werden. Und dieses Referenzkonto sollte online nicht ­geändert werden können. Wird dieses Prinzip beim Depotverrechnungskonto konsequent angewendet, wird es für ­Cyberkriminelle äußerst schwer, Geld zu ergaunern. Bei den meisten befragten ­Onlinebrokern lässt sich das Prinzip ­allerdings umgehen - indem Kunden auch Girokonten als Verrechnungskonto nutzen können oder indem sich Referenzkonten online ändern lassen. Lediglich Degiro, Flatex und ­Onvista Bank setzen das Referenzkontenprinzip konsequent um. Bei Com­direct, Consorsbank und S-Broker können sich Kunden hingegen bewusst und aktiv dafür entscheiden.

Was wurde sonst in puncto ­Sicherheit noch bewertet?


Eine ganze Menge. So wurde außerdem bewertet, wie sicher die Verfahren sind, die bei Onlinetransaktionen zum Einsatz kommen, wie hoch die Einlagensicherung ist und welche alter­nativen Zugangswege und kostenlose Notfallorderwege es gibt, sollte die normale Orderaufgabe einmal nicht möglich sein.

Wer liegt im Teilbereich Ordertypen und -laufzeiten vorn?


Anleger, die viel Wert auf möglichst umfassende Orderfunktionalitäten und möglichst lange Orderlaufzeiten legen, sind bei der Merkur Bank am besten aufgehoben. Sie erzielte in diesem Bereich 417,50 von 675 möglichen Punkten. Knapp dahinter auf Platz 2 liegt die Comdirect Bank mit 414,50 Punkten, gefolgt von der 1822direkt, der Onlinetochter der Frankfurter Sparkasse, mit 391,50 Punkten.

Welcher Anbieter ist unter dem ­Aspekt der Sicherheit top?


Wer möglichst auf Nummer sicher ­gehen will, ist bei der Consorsbank am besten aufgehoben. Diese erzielte in ­Sachen Sicherheit 576,65 Punkte von 675 möglichen Punkten. Auf Platz 2 folgt die ING mit 552,80 Punkten, auf Platz 3 die Comdirect mit 551,30 Punkten.

Wer ist in Sachen Zinsen top?


Insgesamt kam die NIBC Direct bei Habenzinsen und Wertpapierkredit mit 150 Punkten von 225 möglichen Punkten auf den vordersten Platz. Degiro folgt weit dahinter mit 56,71 Punkten und Smartbroker sicherte sich mit 54,67 Punkten Rang 3.

Und wer liegt nach dem ersten Teil des Tests vorn?


Insgesamt erzielte im ersten Teil die Comdirect Bank 1.052,26 von 1.710 maximal möglichen Punkten. Mehr Punkte erhielt keiner. Mit 1.011,99 Punkten kam die Consorsbank auf Platz 2. Und auf den dritten Platz kämpfte sich die Merkur Bank mit 955,84 Punkten.

Der zweite Teil des Tests in der nächsten Ausgabe dreht sich um Handelsmöglichkeiten im In- und Ausland, Kosten und Gebühren abseits des Xetra-Handels sowie um Informations-, Research-, und ­Beratungsangebote der Onlinebroker.

So wurde getestet:
Im Test: 15 Onlinebroker, die in Deutschland aktiv sind. Bei diesen wurden in 35 Kategorien rund 420 Unterpunkte der Standardkonditionen des ­jeweiligen Preismodells bewertet.

Bewertung: Insgesamt konnten maximal 4.500 Punkte erzielt werden. Diese verteilten sich wie folgt auf die drei Teile des Tests. Im ersten Teil (aktuelle Ausgabe) konnten maximal 1.710 Punkte erzielt werden. Bis zu 22,5 Punkte gab es im Bereich Depotgebühren. Mit guten Konditionen beim Xetra-­Handel waren maximal 112,5 Punkte zu erreichen. Mit möglichst umfassenden Orderfunktionalitäten an möglichst vielen Börsen und langen maximalen Ordergültigkeiten waren maximal 675 Punkte zu erzielen. Hohe Sicherheitsstandards (Orderaufgabe, Einlagen­sicherung, Haftung bei Phishing et cetera) sowie Alternativen bei Orderaufgabe und ­Depotzugängen brachten ebenfalls bis zu 675 Punkte. Möglichst hohe Gut­habenzinsen und gute Konditionen für Wertpapierkredite waren bis zu 225 Punkte wert.

Im zweiten Teil (Ausgabe 07/2020) sind maximal 1.575 Punkte drin: Für möglichst viele handelbare Wertpapierklassen, Börsenplätze, Fremdwährungskonten und für außerbörslichen Handel gibt es maximal 900 Punkte. Geringe Kosten und Gebühren im Handel an deutschen Regionalbörsen, an der Euwax, der Londoner und der New Yorker Börse, im außerbörslichen Handel sowie auf Tradegate/Gettex bringen zusammen mit möglichst umfassenden Rabattangeboten bis zu 337,50 Punkte. Zudem wird betrachtet, ob beim Zufluss ausländischer Dividenden, beim HV-Service (Einritts-/Abstimmungs­karten) sowie bei der Umschreibung von Namensaktien Gebühren anfallen. Daneben sind bis zu 337,50 Punkte drin mit einem möglichst großen Informa­tionsangebot, möglichst vielen Wert­papierinfos, individueller Wertpapierberatung und digitaler Vermögens­anlage (Stichwort "Robo-Advisor").

Im dritten Teil (Ausgabe 8/2020) sind mit Fondshandel, Wertpapierspar- und -auszahlplänen nochmals bis zu 1.215 Punkte möglich (Details in der übernächsten Ausgabe).