Seit Jahren streiten Banken und Kunden über die Zinsen. Nun stärkte der Bundesgerichtshof die Sparer. Die sollten nun handeln. Von Simone Gröneweg

Auf diesen Termin fieberten Verbraucherschützer und Sparer schon länger hin. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Mittwoch über die umstrittenen Zinsänderungsklauseln in den oftmals 20 oder noch mehr Jahre alten Prämiensparverträgen verhandelt. Das Urteil dürfte die Sparer freuen, denn der BGH stärkte ihre Rechte. Die Kunden der Banken hätten nun mehr Rechtssicherheit bekommen, sagte Michael Hummel, Justiziar der Verbraucherzentrale (VZ) Sachsen.

Streitpunkt war vor allem die Berechnung der Zinsen, denn angesichts der Niedrigzinsphase hatten die Geldhäuser sie kräftig gesenkt. Konkret ging es um die Musterfeststellungsklage der VZ Sachsen gegen die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig, der sich mehr als 1300 Betroffene angeschlossen hatten. Nach Berechnungen der Verbraucherschützer hatte ihnen die Sparkasse im Schnitt 3100 Euro zu wenig an Zinsen gezahlt. Im April 2020 errang die VZ Sachsen vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden einen ersten Erfolg. Es entschied, dass die Berechnungsklausel der Sparkasse unwirksam sei (Az. 5 MK 1/19). Wie genau die Berechnung geschehen solle, ließ es jedoch offen.

Die Zinsfrage ist noch offen

Der BGH stellte am Mittwoch zunächst einmal klar, dass die Klausel für Zinsanpassungen in dem Vertrag der Sparkasse unwirksam sei, weil sie keinerlei Vorgaben enthalte. Damit sei sie für Sparer unkalkulierbar gewesen (Az. XI ZR 234/20). Der BGH erklärte zudem, dass ein langfristiger Zinssatz der Deutschen Bundesbank und ein relativer Zinsabstand anzuwenden seien.

Demnach gilt das Äquivalenzprinzip. War der Zinssatz bei Vertragsabschluss zum Beispiel günstiger als der Marktzins, müsse dies weiterhin gelten. Ein fixer absoluter Abstand sei dagegen nicht erforderlich. Lag der Zins bei Vertragsabschluss etwa um drei Prozentpunkte über dem üblichen Marktzins, kann der Zins in der Niedrigzinsphase demnach nicht einfach auf null oder noch tiefer gesenkt werden. Es müsse vielmehr bei einem für die Sparer günstigeren Zinssatz bleiben. Welcher Referenzzins anzuwenden ist, muss nun das OLG Dresden mit einem Gutachter feststellen.

Vor allem in den 1990er-Jahren und zu Beginn der 2000er-Jahre waren Prämiensparverträge ein Kassenschlager. Entsprechend viele Kunden sind betroffen. Das Urteil gilt zwar unmittelbar nur für die Sparkasse Leipzig. Es hat aber eine Signalwirkung für die gesamte Branche. Bisher verweigerten die Banken die von Sparern verlangten Nachzahlungen oft.

Wer den Verdacht hat, einen Vertrag mit fehlerhafter Zinsanpassung zu haben, sollte die Bank auffordern, ihre Berechnung darzulegen und noch mal neu zu rechnen. Zudem sollten sich Betroffene an die Verbraucherzentralen wenden. Dort erhalten sie eine Neuberechnung mit rechtlicher Bewertung.