Unterstützt wird die Hausse von einer beispiellosen Gelddruck- und Zinssenkungsorgie durch die Notenbanken. Im Jahr 2007 stand die Federal Funds Rate, zu der Banken sich Geld bei der US-Notenbank Fed leihen können, noch bei über fünf Prozent - dann wurde sie schnell in Richtung null Prozent gesenkt. Nun ist die Fed dabei, zaghaft die Zinsen zu erhöhen. Droht damit das Ende des Bullenmarkts?

Diese Frage ist untrennbar mit den Bewertungsniveaus der Aktien verbunden. Und da sieht es gar nicht so schlecht aus: Qualitätsaktien werden zwar langsam teuer - so bringt es etwa das Dividendenpapier des Schweizer Nahrungsmittelgiganten Nestlé auf ein stolzes KGV von 25. Noch aber haben diese Aktien bei Weitem nicht das Preisniveau früherer Zeiten erreicht. Wie etwa im Jahr 1973 die "Nifty Fifty" (US-Qualitätsaktien mit gutem Geschäftsmodell, die auch in einer stagnierenden Wirtschaft prosperieren), die es auf durchschnittliche KGVs von 46 brachten. Oder wie Coca-Cola im Jahr 1998, als die Aktie des Brauseherstellers ein KGV von 48 aufwies.

Damit sprechen die Bewertungen von Qualitätsaktien noch nicht zwangsläufig für ein nahendes Ende des Bullenmarkts. Zumal es auch im Jahr acht der Hausse Aktien gibt, die noch billig sind. Das trifft auf die konjunkturabhängigen zyklischen Unternehmen zu: Deren Aktien haben sich zwar seit Mitte des vergangenen Jahres sehr gut entwickelt. Dennoch sind sie aber immer noch unter ihren langjährigen Bewertungsniveaus. Wenn ein solcher Trend steigender Kurse einsetzt - und er hat bei den Zyklikern gerade erst begonnen -, dann läuft er auch einige Jahre. Es ist also keinesfalls zu spät für Anleger, sich schrittweise attraktive Zykliker zu kaufen.

Aber welche sind das? Nicht alle zyklischen Aktien sind etwas für Anleger mit schwachen Nerven. Wer möchte etwa einen Basket aus europäischen Banken im Depot haben? Wenn aber nun die Inflation anzieht - und die Anzeichen mehren sich -, dann können im Gefolge auch die Zinsen anziehen. Davon würden die Banken profitieren.

Zudem könnten die Unternehmen die Preise erhöhen und damit die Gewinne steigern. So ist die Siemens-Aktie zwar bereits kräftig gestiegen, aber bei einem KGV von 14 und einer Dividendenren-dite von rund vier Prozent immer noch nicht wirklich teuer. Auch beim jetzigen Kursniveau ist sie durchaus eine Überlegung wert. Oder aber die beiden deutschen Versorgeraktien Uniper und RWE, die recht stabile und immer noch lächerlich niedrige Bewertungen aufweisen.

Und wie sieht es außerhalb von Euroland aus? In den USA könnten durch die "Trump Economy" Infrastrukturwerte, Telekomaktien und verwandte Branchen gewinnen. Oder Großbritannien: Viele englische Aktien sind zum Beispiel aufgrund der Brexit-Ängste abgestraft. Die Pub-Kette Greene King notiert zu einem KGV von 10 und zahlt eine Dividende von fünf Prozent.

Schließlich: Die Emerging Markets sind in den letzten Jahren recht günstig geworden. Vor zehn Jahren sprachen alle von den BRICS. Heute scheint das Thema in der Versenkung verschwunden zu sein. Ein Grund, genauer hinzuschauen.

Hinweis: Die von Max Otte beratenen Fonds Max Otte Vermögensbildungsfonds und PI Global Value Fonds sind in Greene King investiert.

Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des wöchentlichen Börsenbriefes DER PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Gründer sowie Hauptgesellschafter der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH.