Ein heimlicher Gigant: Würde die Holding Prosus im DAX notieren, so läge ihre Marktkapitalisierung mit gut 135 Milliarden Euro auf Platz 2 hinter SAP. Hierzulande kennen wenige den Euro-Stoxx- 50-Titel, in der Mehrheitsaktionär Naspers (hält 72 Prozent) seine Onlinebeteiligungen bündelte. Im Herbst 2019 gingen die Amsterdamer an die Börse. Highlight im Portfolio ist der 29-Prozent-Anteil an Chinas Internetkonzern Tencent, den Naspers früh erwarb.

Noch immer dominieren die Ergebnisbeiträge der hochprofitablen Tencent den Bilanzausweis der Holding, wie die aktuellen Quartalszahlen belegen. Zugleich zeigt sich jedoch, dass die anderen Geschäfte zunehmend in die operative Gewinnzone vorstoßen. Zwar weisen große Beteiligungen wie die am Essenslieferdienst Delivery Hero noch Verluste aus. Laut Chef Bob van Dijk sind aber rund 60 Prozent des E-Commerce-Portfolios profitabel. Insgesamt verdoppelte sich der Nettogewinn von Januar bis März mit 7,5 Milliarden Dollar fast gegenüber dem Vorjahr.

Van Dijk arbeitet gemeinsam mit den Managern der Beteiligungsfirmen daran, die Ergebnisse zu steigern - etwa bei den Lebensmittel-Lieferdiensten wie Swiggy in Indien oder beispielsweise iFood, der vor allem in Brasilien aktiv ist. Hier sieht der Manager großes Potenzial. Van Dijk setzt auf sogenannte Black Stores, das sind lokale kleine Warenlager in Gegenden mit hoher Nachfrage, die die Onlinebestellungen der Kunden schnell abarbeiten können. Über den direkten Draht zum Besteller erhalten die Lieferdienste wertvolle Informationen über Produktvorlieben und zeitliche Präferenzen ihrer Klientel. "Wir wissen, wer die Kunden sind, welche Mengen sie bestellen und was die Leute gerne mögen", sagt van Dijk, der das noch defizitäre Liefergeschäft auf 16 Milliarden Dollar taxiert.

Das sind noch Peanuts gegenüber dem Wert des größten Beteiligungspakets. Das Prunkstück Tencent bringt alleine knapp 180 Milliarden Euro auf die Waage und übertrifft bereits den Börsenwert der Holding. Der Anteil von 25 Prozent an Delivery Hero ist weitere sieben Milliarden Euro schwer, hinzu kommen Geschäfte wie die russische Flohmarktseite Avito, die bei geschätzt fünf Milliarden Euro liegt, oder Anteile am russischen Webkonzern Mail.ru und am chinesischen Reiseportal Ctrip, jeweils knapp zwei Milliarden wert.

Hoher Abschlag

Die US-Bank JP Morgan schätzte den inneren Wert, also die Summe aller Beteiligungen inklusive der Cashposition, jüngst auf 330 Milliarden US-Dollar, was gut 200 Dollar pro Aktie entspricht. Das Papier notiert bei umgerechnet rund 100 Dollar. Der Konglomeratsabschlag liegt somit bei circa 50 Prozent und ist damit sehr hoch.

Chef van Dijk will das ändern, indem er den Freefloat erhöht. Es sollen neue Aktien ausgegeben werden, mit deren Erlös Prosus den Anteil an Mutter Naspers von vier auf 49,5 Prozent ausbauen will - eine Art verkapptes Aktienrückkaufprogramm. Naspers ist der größte Medienkonzern Afrikas und bei digitalen Medien sowie TV und Print aktiv. An der Spitze steht ebenfalls Bob van Dijk.

Chance: Anleger setzen mit Prosus auf eine Verringerung des gewaltigen Holdingabschlags zum inneren Wert. Als Beimischung.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 100,00 Euro
Stoppkurs: 64,00 Euro