Vor fünf Jahren, im Jahr 2010, wuchs Brasiliens Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch um 7,5 Prozent. In den folgenden vier Jahren legte die Wirtschaft jedoch nur um insgesamt 6,7 Prozent zu. Nicht nur die sinkenden Preise für Exportgüter wie Sojabohnen, Eisenerz und zuletzt auch Öl sind die Ursachen für die nachlassende Dynamik, auch die Regierung von Staatspräsidentin Dilma Rousseff ist mitverantwortlich. Ihre Eingriffe in die Privatwirtschaft und ihr mangelnder Reformwille schadeten der Wettbewerbsfähigkeit des Landes und dämpften die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Zudem erhöhte die Regierung trotz sinkender Einnahmen die Staatsausgaben. Auch die Notenbank machte Fehler: Obwohl die Inflation anzog, senkte sie die Zinsen. Brasiliens Währung verlor dadurch deutlich. Zudem wurden Importgüter teurer.

Die bei den Wahlen im Oktober vergangen Jahres nur knapp bestätigte Staatspräsidentin Rousseff versucht in ihrer zweiten Amtszeit, diese Fehler zu korrigieren. Der Kurswechsel ist auch dringend notwendig. Seit März 2014 ist die Bonität der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas nur noch eine Note vom "Schrottstatus" entfernt.

Die Ernennung des früheren Bankers Joaquim Levy zum neuen Finanzminister weckt jedoch Hoffnungen, dass Brasilien sein Investment-Grade-Rating verteidigen kann und der Real wieder an Wert gewinnt. "Wir werden unser Haus in Ordnung bringen ", verspricht Levy. Dazu bedarf es seiner Meinung nach vor allem eines ausgeglichenen Staatshaushalts. Nur so könne man das Unternehmervertrauen nachhaltig stärken und ausländische Investoren für ein Engagement gewinnen - auch wenn das Wachstumstempo zunächst noch einmal abgebremst wird. Ein solider Kurs in der Finanzpolitik ist auch unverzichtbar, um Anleiheinvestoren von der Fähigkeit Brasiliens zu überzeugen, seine Schulden auch zu bedienen.

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Zentralbank zieht Zinszügel an

Levy peilt für das Jahr 2017 einen Haushaltsüberschuss von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts vor Zinszahlungen an. Die Gesamtverschuldung will er von derzeit 63 auf unter 50 Prozent des Bruttoinlandsprodukts reduzieren. Dazu sind jedoch nicht nur Einsparungen in Milliardenhöhe nötig. Levy dreht auch an der Steuerschraube, um die Einnahmen zu erhöhen. Unter anderem wurden bereits die regulierten Preise für Benzin und Elektrizität angehoben.

Um das Vertrauen der Investoren in die Erholung Brasiliens zusätzlich zu stärken, ist auch die Notenbank gefordert. Mit aktuell 6,4 Prozent liegt die Inflationsrate deutlich über dem angestrebten Zielwert von 4,5 Prozent. Die Banco Central do Brasil hat inzwischen den Leitzins mehrmals erhöht, zuletzt auf 12,25 Prozent, das höchste Niveau seit August 2011. Die Maßnahme stärkte den Real gegenüber Euro und Dollar. Nicht auszuschließen, dass Notenbankchef Alexandre Tombini im März die Zinszügel erneut anzieht. Ende 2015 könnte der Leitzins sogar auf 13 Prozent klettern, Brasiliens Währung dürfte davon profitieren.

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