Der von Finanzminister Olaf Scholz favorisierte Plan zur Reform der Grundsteuer stößt bei führenden Volkswirten auf wenig Unterstützung. In der jüngsten Umfrage zum Ökonomen-Barometer von €uro am Sonntag und dem Nachrichtensender n-tv haben sich lediglich 31 Prozent der Befragten für das von Scholz bevorzugte sogenannte Ertragswertmodell ausgesprochen.

Dieses wertorientierte Modell, das auch Komponenten wie Baujahr und Mieteinnahmen mit einbezieht, hält Scholz für gerechter als eine rein an der Fläche von Grundstücken und Gebäuden ausgerichtete Grundsteuer. Demgegenüber sprechen sich 41 Prozent der im Ökonomen-Barometer befragten Volkswirte für ein solches Flächenmodell aus, weitere 28 Prozent wollten sich überhaupt nicht festlegen.

Eine Überarbeitung der bisherigen Grundsteuer wurde notwendig, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Frühjahr 2018 die bisherige Besteuerung auf Basis sogenannter Einheitswerte aus den Jahren 1964 (West) und 1935 (Ost) als nicht gerecht eingestuft hatte. Bis zum Frühjahr soll nun ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, der bis Ende 2019 von Bundestag und Bundesrat beschlossen sein soll.

"Bürokratiemonster"



Die Ökonomen befürchten, dass mit dem von Scholz favorisierten Wertmodell ein "Bürokratiemonster" geschaffen wird. Außerdem bezweifeln sie, dass das Steueraufkommen für die Kommunen neutral bei 14 Milliarden gehalten werden kann. Zudem werden höhere Kosten für Mieter in Ballungsräumen befürchtet, da Vermieter die höhere Grundsteuer auf Mieter umlegen können.

"Gerade das Scholz-Modell könnte zu weiter steigenden Mietnebenkosten führen", warnt etwa Siegfried Franke von der Uni Budapest. "Aber mich würde ohnehin wundern, wenn die Politik die Verfassungs-gerichtsentscheidung nicht zum Anlass nimmt, weiter an der Steuerschraube zu drehen."

In den meisten Diskussionsbeiträgen zur Umfrage sprechen sich die Ökonomen für ein Flächenmodell aus, weil es am einfachsten und mit den geringsten Erhebungskosten umzusetzen sei, worauf beispielsweise Jan Schnellenbach (TU Cottbus) hinweist. Zu den Befürwortern eines Flächenmodells zählen außerdem Bernd Raffelhüschen (Uni Freiburg) und Wilfried Fuhrmann (Potsdam), der andernfalls vor einer Vermögenssteuer durch die Hintertür warnt. Juergen B. Donges von der Uni Köln verweist auf Leitsätze wie Praktikabilität, Steuergerechtigkeit, stadtplanerische und ökologische Ziele sowie Aufkommensneutralität. "Das leistet am besten ein Bodenwertmodell, bei dem als Bemessungsgrundlage bereits heute verfügbare Bodenrichtwerte dienen." Einzelne Ökonomen empfahlen sogar, die Grundsteuer ganz abzuschaffen.