Die Einladungen sind verschickt, die Halle ist gebucht. Am 30. Januar ist es dann soweit: Siemens lädt als erster DAX-Konzern in diesem Jahr zur Hauptversammlung. Der für viele Aktionäre wichtigste Punkt der Tagesordnung - die Dividende. Mehr als drei Milliarden Euro will Siemens Anfang Februar ausschütten. Zum fünften Mal in Serie erhöht der Industriekonzern seine Dividendenzahlung. Die letzte Kürzung liegt mehr als 25 Jahre zurück. Siemens gehört damit zu den zuverlässigen Dividendenzahlern aus Deutschland.

Dividenden, das hat sich rumgesprochen, sind insbesondere in Zeiten niedriger Zinsen eine wichtige Einnahmequelle für Investoren geworden. Dank der seit Jahren gut laufenden Weltwirtschaft haben viele Unternehmen ihre Ausschüttung regelmäßig aufstocken können. Fast die Hälfte der DAX-Konzerne wird, sofern es keine unangenehme Überraschung gibt, mit der jetzt anstehenden Zahlung ein komplettes Jahrzehnt ohne Dividendenkürzung vorweisen können.

Auch wenn einige Branchen - insbesondere Banken und Versorger - nicht mithalten konnten, geht der Trend klar nach oben: Die Gesamtdividende der DAX-Mitglieder ist nach Berechnung der Unternehmensberatung EY in den Jahren 2009 bis 2017 von 19,7 Milliarden auf 36,1 Milliarden Euro gestiegen. Das entspricht einem Zuwachs von fast 85 Prozent.

Für die jetzt anlaufende Dividendensaison erwartet BÖRSE ONLINE einen neuen Bestwert: Nach Hochrechnung der Redaktion werden die 30 größten deutschen Unternehmen für das Geschäftsjahr 2018 mehr als 38 Milliarden Euro unter ihren Aktionären verteilen. Damit würden sie den bisherigen Bestwert um rund zwei Milliarden Euro überbieten.

Rund zwei Drittel der DAX-Konzerne dürften mehr Geld zahlen als im Vorjahr. Eine Dividendenkürzung wird nicht erwartet. Nachdem die Commerzbank im vergangenen Jahr aus dem Index geflogen ist, dürften jetzt alle Indexmitglieder Dividende auszahlen. Die Spitzenposition nach absoluter Summe sollte Daimler behaupten. Auf Basis der Analystenschätzung wird der Autokonzern 3,9 Milliarden Euro unter seinen Aktionären verteilen. Die Allianz rückt näher heran: Die Gesamtdividende des Versicherungskonzerns dürfte auf 3,8 Milliarden steigen. Den dritten Platz sollte die Deutsche Telekom mit einer Ausschüttungssumme von 3,3 Milliarden Euro verteidigen.

Trotz eindrucksvoller Zahlen und neuer Rekorde - die Zeit der Sorglosigkeit geht zu Ende. Die sich abkühlende Weltwirtschaft schlägt sich zunehmend in den Bilanzen der Unternehmen nieder. Ungewöhnlich viele DAX-Konzerne mussten im vergangenen Jahr ihre Gewinnziele nach unten setzen. Dadurch fällt es schwerer, großzügig zu sein. Das Dilemma: Eine Dividendenkürzung würde die Finanzen des Unternehmens schonen, wird aber unter Investoren nicht gern gesehen und am Aktienmarkt meist mit kräftigen Kursverlusten bestraft.

Zum Glück haben viele deutsche Unternehmen in den Boomjahren einen Sicherheitspuffer geschaffen: Die Ausschüttungsquote im DAX lag im vergangenen Jahr bei 38 Prozent, also auf einem niedrigen Niveau.

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Weiter offensiv



Die Signale aus den Chefetagen sprechen dafür, dass die Zufriedenheit der Aktionäre auf der Prioritätenliste weiterhin ganz weit oben steht. Der Chemiekonzern BASF hat seine Dividendenrichtlinie im November sogar zugespitzt: Man wolle die Dividende pro Aktie "getragen durch unseren starken freien Cashflow jährlich steigern", verkündete Finanzvorstand Hans-Ulrich Engel. Die Zielsetzung ist nicht bindend, setzt den Vorstand aber unter Druck.

Der Pharma- und Chemiekonzern Bayer hat trotz der schleppenden Geschäftsentwicklung und der Turbulenzen um die Übernahme des Saatgutriesen Monsanto eine mindestens konstante Ausschüttung für das Geschäftsjahr 2018 in Aussicht gestellt.

Besonders schwierig ist die Situation bei den Autokonzernen: BMW, Continental, Daimler und Volkswagen schütteten im vergangenen Jahr über neun Milliarden Euro aus und waren somit für mehr als ein Viertel der Gesamtdividende des DAX verantwortlich. Die Autokonzerne aber müssen viel Geld in den technologischen Umbruch der Branche investieren. Gleichzeitig wird das operative Geschäft durch die Dieselaffäre und die sich abschwächende Konjunktur in China belastet. Dennoch gehen Analysten davon aus, dass die Autokonzerne die Dividende auf Vorjahresniveau halten, VW diese sogar steigern wird. Durch den deutlichen Kursverfall der Autoaktien sind deren Dividendenrenditen auf dem Papier stark gestiegen, bei Daimler sogar auf mehr als sieben Prozent. Ein so hoher Wert deutet darauf hin, dass zumindest einige Anleger davon ausgehen, dass die Schwaben ihre Ausschüttung nicht dauerhaft auf dem aktuellen Niveau halten können.

Auch die Dividendenrendite des Index ist mit fallenden Kursen deutlich gestiegen: Laut Datendienst Bloomberg kommt der DAX auf Basis der von Analysten für die kommenden zwölf Monate erwarteten Zahlungen auf 3,8 Prozent - der höchste Wert seit mehr als fünf Jahren.

Eine Premiere für den DAX



Drei DAX-Konzerne - neben Siemens noch Infineon und Thyssenkrupp - zahlen im Februar Dividende. Die meisten anderen Indexmitglieder folgen im April und im Mai. Eine besondere Konstellation gibt es bei Linde: Der Industriegasespezialist hat sich mit dem US-Rivalen Praxair zusammengeschlossen. Wie die Dividendenpolitik aussehen wird, ist noch nicht entschieden, einen Hinweis gibt es aber: Kurz vor dem Jahreswechsel zahlte die neue Linde Plc eine Quartalsdividende. In Finanzkreisen wird erwartet, dass der Konzern diesen Rhythmus beibehält, seine Ausschüttung nach amerikanischem Vorbild künftig über vier Termine im Jahr verteilt und seine Aktionäre in Dollar bedient. Für ein DAX-Mitglied wäre das eine ganz neue Variante.



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Allianz-Aktie: Milliarden fließen an die Anteilseigner zurück



Ein großes Herz für Aktionäre beweist der deutsche Versicherungsriese seit Jahren. Fünfmal in Folge hat die Allianz nun bereits seine Gewinnausschüttungen nach oben geschraubt. Damit errechnet sich seit 2013 ein durchschnittliches Dividendenwachstum von 9,1 Prozent per annum.

Diese positive Serie soll sich im laufenden Jahr fortsetzen. 8,90 Euro je Aktie hält der Analystenkonsens für das abgelaufene Geschäftsjahr für möglich, das entspräche einem Zuwachs von 90 Cent oder etwas mehr als elf Prozent. Dem nicht genug: Die Allianz führte zuletzt Aktienrückkäufe im großen Stil durch. Zwischen Februar 2017 und September 2018 wurden Anteile mit einem Gesamtvolumen von sechs Milliarden Euro erworben. "Wir werden Ihnen Geld zurückgeben, wenn wir es nicht ausgeben können", sagte Vorstandschef Oliver Bäte auf der jüngsten Investorenveranstaltung. Schon bald könnte also das nächste Rückkaufprogramm anstehen.

Fest steht bereits, dass die Dividendenquote bei 50 Prozent bleiben wird. Sinkende Ausschüttungen schließt Bäte allerdings selbst bei rückläufigen Ergebnissen aus. Damit es erst gar nicht zu Gewinneinbußen kommt, feilt Europas größter Versicherungskonzern derzeit an seiner Ausrichtung. Dabei steht die Einfachheit, was Produkte und Prozesse anbelangt, ganz oben auf der Agenda. Konzernlenker Bäte verspricht zudem ein kontinuierliches Gewinnwachstum von bis zu fünf Prozent pro Jahr bis 2021. Dieses Ziel erscheint allerdings sehr konservativ, lagen die Wachstumsraten in den vergangenen drei Jahren doch im Schnitt bei 7,1 Prozent. Solides Gewinnwachstum gepaart mit einer hohen Dividendenrendite machen die Allianz-Aktie zu einem attraktiven Investment.



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BASF-Aktie: Günstige Bewertung, hohe Rendite



Der Chemiekonzern ist einer der zuverlässigsten Dividendenwerte im DAX. Seit dem Ende der Finanzkrise packte BASF jährlich auf die Ausschüttung etwas drauf. Das dokumentiert den hohen Stellenwert der Dividende im Konzern. Die meisten Analysten gehen davon aus, dass die Ludwigshafener ihre Zahlung auch dieses Mal wieder leicht um zehn Cent je Anteilschein erhöhen werden. Die Redaktion kalkuliert dagegen vorsichtiger - mit einer Dividende auf dem Vorjahresniveau von 3,10 Euro.

Der Grund für unsere Zurückhaltung findet sich in der Gewinnentwicklung des Konzerns. Anfang Dezember musste BASF bei seinem Ausblick ein zweites Mal zurückrudern. Dies kam allerdings nicht sonderlich überraschend, der Markt hatte sich auf eine weitere Senkung bereits eingestellt. Für 2018 rechnet der Vorstand nun mit einem Rückgang des bereinigten operativen Gewinns von 15 bis 20 Prozent, zuvor war von einem bis zu zehn Prozent niedrigeren Ergebnis die Rede. Einen Strich durch die Rechnung machten dem Unternehmen die Folgen des niedrigen Rheinpegels sowie der weiterhin ungelöste Handelskonflikt zwischen den USA und China.

Darüber hinaus schwächte sich auch das für BASF wichtige Geschäft mit der Autoindustrie ab. Es ist zu befürchten, dass der Gegenwind in den ersten Monaten 2019 noch etwas anhalten wird. Doch mittlerweile dürfte die Gewinnwarnung, die dem Bluechip ein Drittel seines Börsenwertes auf Sicht von einem Jahr gekostet hat, eingepreist sein. Neben dem günstigen Bewertungsniveau spricht auch die im Vergleich zum DAX überdurchschnittliche Dividendenrendite für die BASF-Aktie. Mit 4,9 Prozent schafft es der Titel derzeit unter die Top 5 im Leitindex.



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BMW VZ.-Aktie: Vorzugsaktien haben Vorfahrt



Untersuchungen haben gezeigt, dass Familienunternehmen mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Dividende zahlen als Nichtfamilienunternehmen. Darüber neigen sie auch noch zu einer höheren Ausschüttungsquote. Ein Paradebeispiel in dieser Hinsicht ist BMW. Während der schwäbische Konkurrent Daimler seine Ausschüttung 2009 im Zuge der Finanzkrise komplett gestrichen hatte, überwies der Münchner Autohersteller immerhin noch 30 Cent je Anteilschein an seine Aktionäre. Zudem übertraf BMW das Vorkrisenniveau bereits 2010 wieder, bei den Stuttgartern dauerte es ein Jahr länger.

Die weltweiten Handelskonflikte sowie hohe Investitionen in neue Technologien setzen die Branchenvertreter derzeit aber gleichermaßen unter Druck. Letztendlich führten die vielen Baustellen bei BMW 2018 zu einer Gewinnwarnung. Das Vorsteuerergebnis wird moderat "unter dem Wert des Vorjahres" erwartet, zuvor war von "auf dem Vorjahresniveau" die Rede. Dies könnte auch Folgen für die Dividende haben. Zwar hat sich der Konzern dazu noch nicht geäußert, Analysten haben ihre Erwartungen aber bereits auf die Vorjahreshöhe reduziert.

Aufgrund des starken Kursverfalls errechnet sich selbst auf diesem Niveau eine satte Dividendenrendite von 5,6 Prozent, was dem zweithöchsten Wert aller DAX-Mitglieder entspricht. Das Unternehmen hat aber nicht nur die im DAX notierten Stammaktien im Angebot, sondern auch Vorzüge. Bei der zweitgenannten Gattung fällt die Gewinnbeteiligung sogar noch höher als bei den Stämmen. Zwar müssen Anleger hier auf ein Stimmrecht verzichten. Dafür ist die Rendite mit 6,5 Prozent aber ausgesprochen attraktiv.



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Deutsche Post-Aktie: Sanierungskurs wird zur Chefsache



Hiobsbotschaften aus der Branche setzten zuletzt der Deutschen Post zu. So senkte vor wenigen Tagen der US-Konkurrent Fedex wegen Problemen in Europa und den Folgen des Handelsstreits seine Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr. Die Bonner stellten aber rasch klar, dass bei ihnen keine deutliche Eintrübung des weltweiten Geschäfts zu erkennen ist.

Bereits bei der Vorlage des Zwischenberichts für das dritte Quartal hatte der Konzern auf eine unverändert positive Entwicklung der internationalen Handelsströme verwiesen. Allerdings hat auch die Deutsche Post derzeit ein Sorgenkind: das Brief- und Paketgeschäft. Der jahrelange Wachstumstreiber im Konzern produziert angesichts ausufernder Kosten derzeit Verluste. Post-Chef Frank Appel hat dieses Problem nun zur Chefsache erklärt und selbst die Leitung des Bereichs übernommen. Die Sanierung ist bereits in vollem Gange und schreitet nach Ansicht von Appel "zügig voran". Die Effekte sollen bereits im laufenden Jahr deutlich sichtbar werden. Zudem bekräftigte der Manager kürzlich seinen mittelfristigen Ausblick. 2020 soll der operative Gewinn mehr als fünf Milliarden Euro ausmachen, im Vergleich zu 3,2 Millionen Euro im Jahr 2018.

Um dieses Ziel zu erreichen, dreht Appel nicht nur an der Kostenschraube, auch die Preise steigen. So werden seit dem 1. Januar für den Inlandsversand von Paketen 50 Cent mehr als zuvor fällig. Die Aktionäre der Deutschen Post haben in der jüngsten Vergangenheit sowohl in guten wie auch in schlechten Zeiten nicht auf eine attraktive Dividende verzichten müssen. Seit 2011 legte die Ausschüttungssumme von 0,8 auf 1,4 Milliarden Euro zu. 2018 sollte keine Ausnahme bilden.



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Lexikon



Dividende: Mit der Dividende beteiligt ein Unternehmen seine Aktionäre am wirtschaftlichen Erfolg. Meist geschieht das über eine Bargeldzahlung. Manchmal bieten Firmen als Alternative die Ausgabe von Aktien an.

Dividendenrendite: Die Dividende in Euro je Aktie, geteilt durch den aktuellen Aktienkurs, multipliziert mit dem Faktor 100 - so errechnet sich die Dividendenrendite. Für die Dividende wird dabei meist die nächste von Analysten erwartete Ausschüttung gewählt. Da sich der Aktienkurs ständig ändert, ist die Dividendenrendite eine sich bewegende Größe.

Signalfunktion: Manchmal erhöht ein Konzern die Dividende, obwohl der Jahresgewinn gesunken ist. In so einem Fall signalisiert das Management, dass es mit einer schnellen Verbesserung rechnet. Eine unerwartet niedrige Dividende ist dagegen oft ein Signal, dass das Management pessimistisch nach vorn schaut.

Abschlag: Wer Dividende kassieren will, muss die Aktie bei deutschen Unternehmen in der Regel spätestens am Tag der Hauptversammlung kaufen und am Ende dieses Tages im Depot haben. Wenn ein Unternehmen Dividende zahlt, fließt Geld ohne Gegenleistung aus dem Unternehmen. Darum verliert die Aktie mit der Ausschüttung meist an Wert. Wer als Aktionär die Dividende kassiert, muss diesen Abschlag mitnehmen.

Zahltag: Die Dividende wird bei deutschen Unternehmen spätestens bis zum dritten Bankarbeitstag nach der Hauptversammlung überwiesen.

Steuern: Aktionäre müssen Einkünfte aus Dividenden versteuern. Abgezogen werden 25 Prozent Kapitalertragsteuer. Dazu fallen 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag an. Der Soli wird dabei nicht auf die volle Dividende, sondern nur auf die Kapitalertragsteuer erhoben. Unter dem Strich liegt der Steuersatz bei 26,375 Prozent. Einzelpersonen können jedes Jahr 801 Euro an Kapitaleinkünften steuerfrei kassieren, zusammen veranlagte Ehepaare 1602 Euro. Steuern werden direkt von der Depotbank an das Amt weitergeleitet.