Die Papiere notierten am Dienstag bei minus 0,020 Prozent. Das bedeutet, dass Investoren dafür bezahlen, dem Land Geld leihen zu dürfen. Zu solchen Geschäften sind Anleger nur in Krisenzeiten bereit. Sie nehmen lieber einen kleinen Verlust mit Staatsanleihen in Kauf als große Verluste mit anderen Geldanlagen wie beispielsweise Aktien zu riskieren.

Anleihen aus Deutschland sind für Anleger schon seit längerem ein Verlust-Geschäft und rentierten am Dienstag zeitweise bei minus 0,305 Prozent. Die Renditen vergleichbarer Bonds aus Frankreich(plus 0,018 Prozent) oder Griechenland (plus 2,575 Prozent) fielen ebenfalls auf Rekordtiefs.

Genährt wurden die Spekulationen auf eine lockerere Geldpolitik von Aussagen des EZB-Chefs Mario Draghi. Dieser sagte im portugiesischen Sintra, die Europäische Zentralbank (EZB) werde die Geldpolitik weiter lockern, sollte die Inflation nicht anziehen. Es gebe erheblichen Spielraum für weitere Anleihenkäufe. Zudem gehörten erneute Zinssenkungen zu den Werkzeugen seines Hauses.

"Allein die Tatsache, dass einige EZB-Ratsmitglieder Zinssenkungen erwägen, sollte als Weckruf verstanden werden", sagte Anlagestratege Marc-Andre Fongern vom Brokerhaus MAF Global. "Angesichts der zahlreicher Risiken für die Konjunktur kennzeichnet dies eine fundamentale Änderung in der Kommunikation." Nach Einschätzung des LBBW-Analysten Elmar Völker könnte Draghi die Geldschleusen schon bald aufdrehen. "Falls es im Rahmen des G20-Gipfels Ende Juni nicht zu einer Entspannung im Handelskonflikt zwischen den USA und China kommt, dürften geldpolitische Lockerungsmaßnehmen aus dem Euro-Tower eine fast sichere Angelegenheit sein."

Das von der EZB beobachtete Inflationsbarometer war am Montag auf ein Rekordtief von 1,135 Prozent gefallen. Dies bedeutet, dass Investoren für den Zeitraum von fünf Jahren ab 2024 mit einer durchschnittlichen Inflation von 1,135 Prozent rechnen. Die von der EZB angestrebte Teuerung liegt mit knapp zwei Prozent fast doppelt so hoch.

rtr