Nach heftigen Schwankungen beruhigte sich die Lage: Um die Mittagszeit lagen die Aktien mit 0,30 Prozent im Minus bei 21,290 Euro, nachdem sie am Morgen bis auf 20,25 Euro abgesackt waren. Seit ihrem Zwischentief Ende März bei 15,12 Euro waren sie zuletzt um knapp 47 Prozent nach oben gerannt. Von ihren Rekordständen sind die Papiere jedoch noch meilenweit entfernt: Kurz nach dem Börsengang im Herbst 2014 hatten sie über 60 Euro gekostet.

Rocket Internet konnte dank teils kräftig gestiegener Umsätze seiner Beteiligungen den Konzernfehlbetrag vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) deutlich eindämmen: Er schrumpfte im Vergleich zum Vorjahr um 71 Prozent auf 92 Millionen Euro. Unterm Strich belief sich der Konzernverlust auf 86 Millionen Euro, was einer Verbesserung um 75 Prozent entspricht. Berenberg-Analystin Michelle Wilson sprach von einem abermals ordentlichen Quartal des Unternehmens, das sich weiter in Richtung eines profitablen Wachstums entwickle. Die Aktie bleibe deutlich unterbewertet.

Wichtiger als die Konzernzahlen seien ohnehin die Ergebnisse der einzelnen Beteiligungen, da keine der großen Gesellschaften in der Bilanz konsolidiert werde, betonte Warburg-Experte Boventer. Rocket Internet berichtete für ausgewählte Unternehmen seines Beteiligungsportfolios einen aggregierten 28-prozentigen Umsatzanstieg sowie eine deutliche Eindämmung des operativen Fehlbetrags. Ein Großteil dieser Entwicklung geht auf den Kochboxen-Anbieter Hellofresh, den Essenslieferdienst Delivery Hero und die Global Fashion Group zurück, in der diverse Modehändler zusammengefasst sind.

Der Fokus der Anleger habe auf Hellofresh gelegen, da Delivery Hero und Global Fashion Group bereits über ihre Geschäfte berichtet hätten, schrieb Barclays-Analyst Andrew Ross. Er lobte das im Vergleich zum Schlussquartal 2016 deutlich beschleunigte Wachstum bei den aktiven Abonnenten des Kochboxen-Anbieters. Dies sollte die Sorgen der Anleger mit Blick auf diese Beteiligung etwas lindern und belegt für Boventer eine nachhaltige Geschäftsentwicklung.

Entscheidend für die Rocket-Aktie bleibe ein Börsengang einer der großen Beteiligungen im laufenden Jahr, so Ross weiter. Jüngst hatte Rocket Internet den Börsengang von HelloFresh abgeblasen. Nun ruhen die Hoffnungen der Investoren auf einem baldigen Listing von Delivery Hero, das der Aktie laut Ross wieder Schwung verleihen sollte. Für den Essenslieferdienst spricht Boventer zufolge auch die im Branchenvergleich stärkere Geschäftsentwicklung und die geografisch breitere Aufstellung.

Derweil störte sich Experte Andreas Lipkow etwas am selektiven Zahlenwerk des Unternehmens: "Es wird in der Ad-Hoc-Nachricht zu oft von ausgewählten Unternehmen geschrieben, was die Skepsis bezüglich des Gesamtportfolios erhöht." Hinzu kämen die im Vergleich zum Unternehmensumsatz anhaltend hohen Verluste. Daher benötigten die Aktionäre "wirklich viel Vertrauen in die Fähigkeiten des Managements", um ruhig zu bleiben.

dpa-AFX