Aktien, die an Russlands Börse notieren, sind billig. Das durchschnittliche Kurs-Gewinn-­Verhältnis der zehn liquidesten Werte liegt bei 5,75. Gegenüber anderen Schwellenländermärkten ist das ein erheblicher Abschlag. Auch beteiligen russische Unternehmen Anleger im Vergleich zu chinesischen oder indischen Firmen wesentlich großzügiger am Gewinn. Die Dividendenrendite beträgt im Schnitt sechs Prozent. Das lockt institutionelle Emerging-Markets-­Investoren an. Sie haben die - nach Daten des russischen Brokers BCS Global Markets - elftgrößte Volkswirtschaft derzeit klar übergewichtet.

Hohe Dividendenrenditen, günstige Bewertungen, das motiviert auch Privat­anleger zu einem Engagement. Doch Vorsicht: Russland ist ein spezieller Markt. Das politische Risiko ist erheblich. Die Beziehungen Moskaus zu den westlichen Industriestaaten sind schlecht. Werden die westlichen Sanktionen noch einmal verschärft, sind neuerliche starke Schwankungen nicht auszuschließen. Immer wieder irritiert und verunsichert der Kreml Investoren. Die Verhaftung des prominenten US-Investors Michael Calvey ist sicherlich keine Werbung für den Finanzplatz Moskau.

Ölpreis bestimmt Kursentwicklung

Zudem entfallen 50 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung auf Rohstoffwerte. Die Kurse russischer Aktien hängen daher entscheidend vom Ölpreis ab. Dieser lässt sich jedoch nur schwer prognostizieren. Die Sanktionen der USA gegen Venezuela sowie die Produktionskürzungen der OPEC sollten die Notierungen in den kommenden Wochen nach oben ziehen. Scheitern jedoch die Handelsgespräche zwischen China und den USA, kann der Preis schnell wieder sinken.

Angesichts der Besonderheiten des russischen Markts sind Fonds für Privat­anleger eine gute Wahl. Die Manager können Branchen und Titel relativ unabhängig vom Vergleichsindex gewichten. In den Portfolios findet sich neben Rosneft, Gazprom und Lukoil auch der täglich zwölf Millionen Kunden zählende Lebensmitteleinzelhändler X5 Retail Group. Ebenfalls von den Börsen­profis favorisiert werden der Mobilfunk­anbieter Mobile TeleSystems oder die Internetsuchmaschine Yandex. Deren Gewinne hängen zum einen von der Leistung cleverer Manager und zum anderen von der Konjunktur ab.

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Ambitionierte Vorgabe

Wladimir Putin, der der Ökonomie bislang kein allzu großes Interesse entgegenbrachte, hat nun in puncto Wachstum mit seiner Mitte Februar gehaltenen Rede zur Lage der Nation vorsichtige Kursfantasie ausgelöst. Die sozialen Bedingungen im Land sollen sich nach dem Willen des Staatspräsidenten verbessern, die Wirtschaft soll sich künftig deutlich dynamischer entwickeln. Der Kremlherrscher verlangt ab dem Jahr 2021 jährliche Zuwachsraten des Bruttoinlands­produkts von mehr als drei Prozent. Danach soll das Plus stets höher ausfallen als das der globalen Wirtschaftsleistung.

Russland ist davon noch weit entfernt. 2018 wuchs die Wirtschaft gerade mal um 2,3 Prozent. Nur wenn die Regierung strukturelle Defizite beseitigt, die Arbeitsproduktivität erhöht, die Wirtschaft breiter diversifiziert und viel Geld in die Infrastruktur steckt, lässt sich Putins Wachstumsvorgabe erreichen. Die Mittel dazu wären vorhanden. Der Staatshaushalt wies zuletzt einen Überschuss von 2,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf. Zudem belaufen sich die Währungsreserven auf über 350 Milliarden Euro. Man darf gespannt sein, ob die Regierung, dem Appell Putins folgend, die Investitionsquote von derzeit 25 Prozent des Bruttoinlands­produkts noch einmal erhöht.

Damit die Wachstumsziele erreicht werden, müssen auch die Zinsen wieder gesenkt werden. Im vergangenen Jahr hatte Zentralbankchefin Elvira Nabiullina den Leitzins auf 7,75 Prozent angehoben. Im Zuge der Mehrwertsteuer­erhöhung war die Inflation gestiegen. 2019 könnte die Teuerungsrate laut einem Bericht der Agentur Reuters wieder auf vier Prozent sinken, was Nabiullina Spielräume für eine Senkung eröffnen sollte. Werden sie genutzt, dürfte die Börse darauf positiv reagieren.

Investor-Info

Danske Invest Russia
Moskauer Expertise

Die Besonderheiten des russischen Aktienmarkts sind Olga Karakozova wohlvertraut. Die Fondsmanagerin investiert seit mehr als 18 Jahren an der Börse in Moskau. Neben Energiewerten kauft sie Aktien, die von der Binnenkonjunktur profitieren. Dazu zählen Banken, Immobilienfirmen und Lebensmittelhändler. Aktuell besteht das Portfolio aus 46 Titeln. Auf Sicht von drei Jahren schaffte der Fonds ein Plus von mehr als 64 Prozent, seit Jahresanfang legte er um zehn Prozent zu.