So mancher Anleger kennt das: Wegen der Sanktionen gegen Putins Krieg in der Ukraine lassen sich Papiere russischer Firmen an westlichen Börsen nicht mehr handeln. Betroffen sind Anleger, die vor Kriegsbeginn oder auch noch kurz danach Aktien beziehungsweise Hinterlegungsscheine - ADRs oder GDRs - von Unternehmen wie Gazprom, Rosneft, Norilsk Nickel, Sberbank, Yandex oder Qiwi gekauft haben. Im Handel mit ETFs oder Fonds mit Russland-Fokus gibt es ebenfalls Schwierigkeiten, vielfach ist dieser nicht mehr möglich - weder via Börse noch via Fondsgesellschaft. Auch über außerbörsliche Handelsplätze lassen sich "Russen-Papiere" in Deutschland nicht mehr traden.

Was also können betroffene Anleger tun? In der Redaktion haben sich zwischenzeitlich zahlreiche Leser gemeldet, die betroffen sind. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Zwar ist die Börse in Moskau seit Ende März wieder geöffnet, doch dürfen dort Ausländer keine russischen Papiere mehr verkaufen. Zudem sind praktisch alle westlichen Banken und Broker nicht mehr in Moskau aktiv. Eine Variante wäre der direkte Verkauf an andere Investoren. So boten bis Anfang Juni bundesweit einige Investoren wie Trimax, Daniels oder Metafina an, russische Papiere oder Fondsanteile aufzukaufen. Jedoch bewegten sich etwa für Gazprom die gebotenen Kurse im niedrigen Cent-Bereich. Noch am Tag des russischen Einmarschs lag der Kurs bei 4,50 Euro. Wer darauf einging, kassierte also herbe Verluste. Veröffentlicht werden derartige Angebote im Bundesanzeiger. Jedoch leiten nicht alle Banken und Broker diese Offerten an betroffene Anleger weiter.

Allerdings lässt sich ein solcher Verlust, der in der Praxis sehr nahe an 100 Prozent liegen dürfte, steuerlich geltend machen. Ob der Fiskus auch die Verluste dann steuerlich anerkennt, wenn man russische Titel als wertlos aus dem Depot ausbuchen lässt, ist dagegen nicht sicher. Denn die russischen Konzerne sind nicht pleite und ihre Papiere sind auch nicht wertlos, es findet derzeit bloß kein Handel statt. Möglich, dass der Fiskus in diesem Fall darauf verweist, dass Anleger die Titel in einiger Zeit ja unter Umständen wieder an der Börse handeln können.

Bei ETFs ist es anders

Die letzte Möglichkeit, wie Privatanleger mit ihren direkten "Russen-Investments" umgehen können: einfach aussitzen und darauf hoffen, dass in ein paar Monaten oder Jahren der Handel wieder aufgenommen wird. Zu welchem Kurs auch immer. Auch hier sind hohe Verluste nicht ausgeschlossen - leider.

Etwas anders ist dagegen die Situation bei einigen Russland-ETFs: Ende Mai teilte beispielsweise der Vermögensverwalter Blackrock mit, zwei Russland-ETFs komplett aufzulösen: den iShares MSCI Eastern Europe Capped ETF sowie den iShares MSCI Russia ADR/GDR ETF. Man wolle den Fondswert durch "geordnete und kontrollierte Veräußerungen schützen" und Erlöse an die Anteilseigner ausschütten.

"Die russischen Wertpapiere werden so lange in den Fonds verbleiben, bis es möglich, praktikabel und angemessen ist, jede der Positionen auf geordnete und kontrollierte Weise zu liquidieren", so Blackrock. Das kann dauern, und was letztlich dabei herauskommt, ist derzeit nicht abzuschätzen. Es ist möglich, dass andere Anbieter sich an Blackrock orientieren und ähnlich agieren werden.

Investor-Info


Gazprom
Hoffnung bleibt


Im Rohstoffboom um das Jahr 2007 erreichte der Hinterlegungsschein auf die Aktie des russischen Energieriesen seinen Kurshöhepunkt mit Notierungen um 30 Euro. Davon ist das Papier meilenweit entfernt. Bis kurz vor Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 notierte es noch bei etwa acht Euro. Nach Aussetzung des Handels kommen Angebote vielfach einem Totalverlust gleich. Anleger sollten warten, bis die Aktie irgendwann womöglich wieder gehandelt wird.