Es wird zunehmend enger im All. In den zurückliegenden 60 Jahren brachten mehr als 5000 Raketen geschätzte 7500 Satelliten in die Umlaufbahn. Viele davon werden zwar längst nicht mehr genutzt, sie umkreisen aber immer noch die Erde. Für Aufsehen sorgte im vergangenen Jahr der Genehmigungsantrag der amerikanischen Firma SpaceX für den Betrieb von 4425 neuen Satelliten, mit denen die Gesellschaft den Breitband-Internetzugang rund um den Globus sicherstellen möchte.

Mit zuletzt 208 Milliarden US-Dollar entfiel das Gros des weltweiten Marktvolumens der Weltraumindustrie in Höhe von 335 Milliarden US-Dollar auf die Satellitenbranche, womit sich die jährlichen Umsätze binnen zehn Jahren mehr als verdoppelt haben. Mit ihnen ist auch die Zahl der aktiven Satelliten kräftig gewachsen. Mehr als die Hälfte wird noch immer für Kommunikationszwecke eingesetzt. Die Observation der Erde allerdings ist jener Teilbereich der Branche, der in den vergangenen zehn Jahren mit durchschnittlich knapp 14 Prozent die größten Wachstumsraten vorweisen konnte.

Derzeit liefern rund 130 Satelliten wichtige Bilder und Daten zur Erde. Regierungen, Anlagenbetreiber, Farmer, Reedereien oder Versicherungen interessieren sich sehr für den Blick von oben. In Smart Cities helfen Satellitendaten den Verkehrsfluss zu leiten. Versicherungen beobachten anhand von Satellitenbildern Veränderungen der Wasserflächen oder der Vegetation, bewerten auf Basis des Datenmaterials die Gefahr von Naturkatastrophen und können bei einem besonders hohen Risiko entsprechende Warnmeldungen herausgeben.

Platzhirsch der Branche ist mit einem Marktanteil von 40 Prozent das an der New York Stock Exchange notierte Unternehmen Digitalglobe. Für die ersten drei Monate des laufenden Jahres hat die Firma eine Umsatzsteigerung von knapp 20 Prozent auf 209,7 Millionen Dollar verzeichnet und wird - vorbehaltlich der Zustimmung der Aktionäre - für insgesamt 3,6 Milliarden Dollar an Macdonald, Dettwiler and Associates (MDA) verkauft. Die Kanadier, die mit mehr als 5000 Mitarbeitern und 19 Standorten weltweit sowie einem Jahresumsatz von über zwei Milliarden Kanadische Dollar zu den großen Nummern in der Luft- und Raumfahrttechnik gehören, setzen damit bewusst auf das überdurchschnittliche Wachstumspotenzial im Bereich der Erdbeobachtung.

Revolution im Finanz- und Agrarsektor



Immer häufiger nutzen auch Hedgefonds Satellitenbilder als Teil der Informationsbeschaffung, etwa für Spekulationen auf dem Ölmarkt. Die Beobachtung des Füllstands in den gigantischen Zylindern, in denen das Öl gelagert wird, ist ein alter Trick der Ölspekulanten. Wurden hierfür früher Helikopter eingesetzt, nutzt man heute bequem die Aufnahmen aus dem All. Computerprogramme berechnen anhand der Daten die weltweiten Öllagerbestände und platzieren schließlich millionenschwere Wetten auf den Ölpreis.

Ähnlich wertvolle Informationen zum weltweiten Warenverkehr liefern Satellitenaufnahmen der wichtigsten Häfen, die Anzahl der an- und abfahrenden Trucks vor den Produktionsstätten in China, Beobachtungen über die Autofrequenz auf den Parkplätzen der größten Supermärkte lassen Rückschlüsse auf die nächsten Quartalszahlen von Walmart zu. Sage und schreibe 70 Hedgefonds zählen genau aus diesem Grund zu den Kunden des Start-ups Orbital Insight, dessen Gründer und Chef James Crawford zuvor bei Google das Projekt zur Digitalisierung von Millionen von Büchern leitete.

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Neue Ära der Erdbeobachtung



Die entscheidenden Faktoren bei der Erdbeobachtung sind Qualität und Zeit. Satelliten wie der von der EU in diesem Jahr ins All geschossene Sentinel-2B, der alle fünf Tage Bilder von der Erdoberfläche liefert, sind für viele Segmente unbrauchbar. Je nach Satellit und Umlaufbahn sind heute bereits Aufnahmen nahezu in Echtzeit verfügbar, die eine Auflösung von bis zu weniger als einem Meter pro Pixel erreichen.

Experten sprechen deshalb bereits von einer neuen Ära der Erdbeobachtung, an der auch die noch junge kanadische Firma Urthecast teilhaben möchte. Bereits Anfang 2014 hatte das Unternehmen Ultra-HD-Kameras an der Internationalen Raumstation ISS anbringen lassen, um hochauflösende 4K-Videostreams zu senden. Seither lässt sich über deren Internetseite die spektakuläre Perspektive eines Astronauten auf die Erde genießen. Urthecast hat im vergangenen Jahr bereits Umsätze von mehr als 100 Millionen Kanadische Dollar erzielt und baut das Angebot in den nächsten Jahren mit weiteren Satelliten und Cloud-basierten Diensten kräftig aus. Hierfür konnte die Firma bereits drei Absichtserklärungen von Regierungen im Gesamtvolumen von 490 Millionen US-Dollar einstreichen. Die Zahlen im ersten Quartal fielen schwächer aus als erwartet, es kam zu einem Kursrücksetzer. Dieser könnte jedoch eine interessante Einstiegschance für risikobewusste Investoren bieten.



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