Einem Insider zufolge wollen sich die Euro-Finanzminister bei ihrem Treffen in Valletta auf Malta darauf einigen, die Prüf-Institutionen von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB), Euro-Rettungsfonds ESM sowie Internationalem Währungsfonds (IWF) nach Athen zurückzuschicken, um vor Ort ein Reformpaket zu schnüren. Bei den Verhandlungen seien signifikante Fortschritte zu bisher umstrittenen Maßnahmen für die Jahre 2019 und 2020 erzielt worden.

"Der größte Teil der Wegstrecke ist zurückgelegt, aber die Fachleute nehmen es immer sehr genau, und es kann noch ein paar Tage dauern", sagte Schäuble vor den Beratungen mit seinen Kollegen aus der Euro-Zone. Ungewöhnlich offen kritisierte er den IWF und dessen Prognosen zur griechischen Wirtschaftsentwicklung und dem Primärüberschuss - also dem Staatshaushalt ohne Zinszahlungen: "Tatsache ist, dass in den letzten Jahren der IWF mit seinen Prognosen gegenüber der Realität immer ein bisschen zu pessimistisch gewesen ist." Der CDU-Politiker widersprach zugleich der Darstellung, dass er mehr den Zahlen des IWF vertraue als denen der EU-Institutionen.

Griechenland habe im vergangenen Jahr eine gute wirtschaftliche Entwicklung gemacht und habe etwa bei der Nettoverschuldung besser abgeschnitten als vom IWF vorhergesehen. Der "Rheinischen Post" sagte Schäuble, er erwarte die Beteiligung des Fonds am dritten Hilfsprogramm für Griechenland, das bis Sommer 2018 läuft. "Es ist dabei nicht so relevant, mit welcher Summe er sich beteiligt; entscheidend ist, dass er es tut."

SCHÄUBLE: ES LIEGT NICHT AN DEUTSCHLAND



Schäuble forderte in Valletta, dass die Prüf-Institutionen zu gemeinsamen Zahlen und Ergebnissen kommen müssten. Gerüchte, es liege in den Reformgesprächen an Deutschland, seien Unsinn. Was ein vom griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras ins Gespräch gebrachter Sondergipfel der Euro-Staaten zum Reformstreit bringen soll, wüssten weder er noch Kanzlerin Angela Merkel, sagte der CDU-Politiker.

Ein Abschluss der Reformüberprüfung ist Voraussetzung dafür, dass Griechenland neue Finanzmittel aus dem bis zu 86 Milliarden Euro schweren Hilfspaket erhält. Nach Angaben von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem wird es in Valletta aber keine komplette politische Einigung dazu geben. Gestritten wurde zuletzt vor allem um Maßnahmen am griechischen Arbeitsmarkt, im Rentensystem sowie beim Primärüberschuss für die Jahre nach dem Ende des Hilfsprogramms. Der für den Euroraum zuständige EU-Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis hatte zuletzt in einem Reuters-Interview gesagt, dass Griechenland noch viele Jahre einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufweisen müsse. Der Primärüberschuss ist ein wichtiger Indikator dafür, ob ein Staat genug Geld hat für zentrale Aufgaben wie das Sozialsystem - aber auch für seinen Schuldenabbau. Griechenland sitzt auf einem Schuldenberg von über 300 Milliarden Euro und wird seit 2010 von den anderen Ländern der Euro-Zone finanziell gestützt.