Der Erste Minister Schottlands, Alex Salmond, der sich für eine Loslösung starkgemacht hatte, räumte seine Niederlage ein. Gleichzeitig forderte er die britische Regierung auf, ihr Versprechen einzulösen, der schottischen Regionalregierung mehr Befugnisse zu verleihen. Der britische Premierminister David Cameron zeigte sich erleichtert und gratulierte dem Anführer der Abspaltungsgegner, Alistair Darling. An den Finanzmärkten atmeten viele Anleger auf, da eine Unabhängigkeit weitreichende politische und wirtschaftliche Unwägbarkeiten bedeutet hätte.

Mit endgültigen Ergebnissen wurde am frühen Vormittag gerechnet. In Umfragen hatten sich die Unabhängigkeitsgegner und die Befürworter ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Bei der Auszählung der Stimmbezirke wurde schnell deutlich, dass es nur in wenigen eine Mehrheit für eine Loslösung gab. So stimmten etwa in Schottlands größter Stadt Glasgow 53,5 Prozent der Wahlberechtigten für die Unabhängigkeit, in Dundee waren es sogar 57 Prozent.

Salmond zeigte sich enttäuscht vom Abstimmungsergebnis. Er müsse die Meinungsäußerung des Volkes aber akzeptieren, erklärte er. "Wie Tausende andere in diesem Land habe ich mein Herz und meine Seele in diese Kampagne gelegt", sagte die Vize-Vorsitzende der Schottischen Nationalpartei (SNP), Nicola Sturgeon. Sie sei betrübt, dass eine Unabhängigkeit so knapp verfehlt worden sei.

Die Finanzmärkte reagierten erleichtert auf das Votum. Das britische Pfund legte deutlich zu, nachdem es seit Anfang September in der Spitze mehr als drei Prozent verloren hatte.

International wurde der Ausgang mit großer Spannung verfolgt. Die Aussicht auf ein Auseinanderbrechen der weltweit sechstgrößten Volkswirtschaft und einer Atommacht mit ständigem Sitz im UN-Sicherheitsrat hat weit über die Insel hinaus Besorgnis ausgelöst.

Ein Ja zur Unabhängigkeit hätte viele Fragen aufgeworfen. Es wäre unklar gewesen, welche Währung dann in Schottland gegolten hätte, was aus der EU- und Nato-Mitgliedschaft geworden wäre und wie die Öl-Vorkommen in der Nordsee aufgeteilt worden wären. Wäre Schottland einen eigenen Weg gegangen, hätte dies auch Cameron das Amt kosten können.

Reuters