"Unsere Geldpolitik bleibt weiterhin unverändert expansiv", sagte SNB-Präsident Thomas Jordan am Donnerstag in Bern. Entsprechend beließen die Währungshüter den Leitzins bei ihrer vierteljährlichen Lagebeurteilung auf dem Rekordtief von minus 0,75 Prozent und schlossen eine weitere Senkung nicht aus. Damit wollen sie den aus ihrer Sicht deutlich überbewerteten Franken für Investoren unattraktiv machen und eine Aufwertung der Währung bremsen. Mit steigenden Zinsen in der Schweiz rechnen Ökonomen frühestens Mitte 2018.

Die Alpenrepublik ist in einer Sondersituation: Denn der Franken ist bei Anlegern als "sicherer Hafen" in unruhigen Zeiten stets gefragt. Doch ein starker Franken macht Schweizer Waren im Ausland teurer und bremst somit die exportorientierte Wirtschaft. Die SNB versucht daher, die Währung zu schwächen und setzt dafür neben Negativzinsen auf Interventionen am Devisenmarkt. Sie druckt also Franken und kauft im Gegenzug Euro oder Dollar.

Von diesem Instrument hatten die Währungshüter zuletzt vor den Wahlen in Frankreich Gebrauch gemacht, als Anleger aus Sorge vor einem Auseinanderdriften der Euro-Zone verstärkt in den Franken flüchteten. Allein seit Jahresbeginn haben sich die Devisenanlagen der SNB - ein Indikator für den Umfang der Interventionen - um etwa 50 Milliarden Franken erhöht.

Zwar hätten die politischen Risiken in Europa nach den Wahlen in Frankreich und dem Sieg des EU-freundlichen Kandidaten Emmanuel Macron abgenommen, sagte Jordan. "Aber das heißt nicht, dass andere politische Risiken nicht mehr existieren." Bei Investoren sorgen etwa die anstehenden Austrittsverhandlungen Großbritanniens aus der EU und die baldigen Wahlen in Italien für Unsicherheit. Damit ist für Jordan auch die Gefahr eines weiteren Franken-Höhenflugs noch nicht gebannt.

In den USA ist die Fed schon weiter. Sie erhöhte am Mittwoch zum zweiten Mal im laufenden Jahr die Zinsen und will bald auch beginnen, die in der Finanzkrise aufgeblähte Bilanz zu reduzieren. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte zuletzt Abstand von der Option einer weiteren Zinssenkung genommen, was Experten als vorsichtige Einleitung der geldpolitischen Wende werten.

"GEFANGENE DER EZB"



Nach Einschätzung von Analysten kann die SNB erst dann über höhere Zinsen nachdenken, wenn die EZB einen solchen Schritt vorexerziert. Denn die Schweizer strebten stets tiefere Zinsen als in der Euro-Zone an. Dort liegt der Schlüsselsatz für die Versorgung der Banken mit Geld derzeit bei 0,0 Prozent - ebenfalls ein Rekordtief. "In der Zinspolitik ist die SNB ein Gefangener der EZB", sagte Daniel Hartmann von der Bank Bantleon.

Als weiteren Grund für die Zurückhaltung der Schweizer Währungshüter sehen Experten die anhaltend niedrige Inflation. Sie lag im Mai bei 0,5 Prozent, die SNB strebt allerdings auch eine Teuerungsrate von weniger als zwei Prozent pro Jahr an. Auf absehbare Zeit dürfte die Inflation nicht an diese Obergrenze herankommen: Für das laufende Jahr erwartet die SNB unverändert nur 0,3 Prozent. Für 2018 und 2019 senkte sie ihre Prognose leicht auf 0,3 beziehungsweise 1,0 Prozent.

rtr