Die Internet-Anzeigenbörse Scout24 hat zugeschlagen. Der Betreiber der Portale ImmobilienScout24 und AutoScout24 kauft finanzcheck.de, ein Online-Vergleichsportal für Konsumentenkredite. 285 Millionen Euro legt der MDax-Konzern dafür in bar auf den Tisch. Finanzieren will das Münchener Unternehmen den Kaufpreis über einen Kredit. Eine Kapitalerhöhung sei nicht geplant. Die Genehmigung der Kartellbehörden steht noch aus, wird aber in vier bis sechs Wochen erwartet.

Scout24 wolle das Geschäft mit Dienstleistungen rund um seine Plattform in den nächsten fünf Jahren von 100 Millionen auf 250 Millionen Euro ausbauen, sagte Finanzvorstand Christian Gisy am Mittwoch vor Analysten. Dieses Ziel sei "aggressiv, aber erreichbar". Bisher setzt Scout24 in dem Segment rund 87 Millionen Euro um. Vorstandschef Greg Ellis sprach von einer perfekten Ergänzung, vor allem für AutoScout24.

Finanzcheck.de soll bei der Vermittlung von Autokrediten über die Plattform AutoScout24.de unterstützen. Dem MDax-Konzern zufolge werden 40 Prozent aller Gebrauchtwagen teilweise oder vollständig über Kredite finanziert. Auf Vergleichsportalen wie finanzcheck.de sollen Kunden die günstigsten Kredite finden. Mit der Übernahme der Plattform will Scout24 will Scout24 vom Trend zum Gebrauchtwagen-Kredit per Klick profitieren.

Finanzcheck.de erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 35 Millionen Euro, schreibt aber sechs Jahre nach der Gründung noch rote Zahlen. Die Hamburger bezeichnen sich selbst als eines der drei größten Online-Portale für Verbraucherkredite in Deutschland. Insgesamt habe finanzcheck.de seit dem Jahr 2012 Kredite im Gesamtvolumen von mehr als 3,5 Milliarden Euro vermittelt. Besonders stark war das Wachstum im vergangenen Jahr: 2017 vermittelte das Portal über insgesamt 1,06 Milliarden Euro. Konkurrenten sind Portale wie Check24 oder Smava. Schließen die Kunden dort einen Kredit ab, bekommt Finanzcheck eine Provision. Rund 20 Banken stellen ihre Angebote für die Kunden auf dem Portal bereit.

Von Oktober an soll Finanzcheck.de zwölf Millionen Euro zum Umsatz beisteuern. Scout24 hob deshalb die Prognose an. Der Umsatz soll im laufenden Jahr um zehn bis zwölf Prozent wachsen. Zuvor hatte der MDax-Konzern ein Plus von neun bis elf Prozent angepeilt. Da Finanzcheck.de jedoch Verluste schreibt, soll die operative Umsatzrendite (Ebitda-Marge) jedoch nur bei maximal 56 Prozent, anstatt bei bis zu 57,5 Prozent liegen.

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Einschätzung der Redaktion



Anleger sahen den Zukauf am Mittwoch skeptisch. Für den Kurs der Scout24-Aktie ging es zeitweise um zehn Prozent nach unten. Gegen Mittag konnte das Papier die Verluste auf rund drei Prozent reduzieren.

Über die digitale Plattform stellt Scout24 Angebote ein und bringt Autohändler oder Immobilienmakler und deren Kunden zusammen. Das Plattform-Modell ist in der Technologie-Szene beliebt. Auch Unternehmen wie die Suchmaschine Google und der Online-Händler Amazon stellen selbst keine eigenen Produkte her, sondern treten als Dienstleister auf - und kassieren Gebühren für die Vermittlung. Bei Scout24 richtet sich diese nach Art, Dauer und danach, wo ein Objekt platziert wird. Je bekannter der Marktplatz, desto mehr Leute nutzen die Seite, und desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines Verkaufs.

Hauptstandbein von Scout24 ist das Geschäft mit Immobilien. Die Nachfrage nach Wohnungen ist immer noch hoch. Anbieter und Käufer finden sich hingegen immer seltener über Zeitungsannoncen. An Scout24 mit der Marke Immobilienscout kommt kaum mehr jemand vorbei. Das Wohnungs-, Häuser- und Gewerbeimmobilienportal ist in Deutschland mit Abstand Marktführer. Nach Unternehmensangaben inserieren 90 Prozent der deutschen Makler dort ihre Objekte.

Dazu verdient Scout24 Geld mit Werbeerlösen. Immobilienscout gehört zu den größten Portalen hierzulande. Zählt man Online- und mobile Besuche zusammen, liegt es etwa vor sueddeutsche.de und zeit.de.

Solche Geschäftsmodelle sind vielversprechend, denn sie lassen sich hervorragend skalieren. Ein höherer Umsatz wirkt sich direkt auf das Ergebnis aus. Bei Scout24 kletterten die Erlöse im ersten Quartal 2018 um etwas mehr als zehn Prozent auf 123 Millionen Euro. Die operative Marge (Ebitda) lag bei 51,6 Prozent. Auch andere Kennzahlen können sich sehen lassen: Die Münchner haben ihre Schulden deutlich reduziert, der Free Cashflow, also das Geld, das tatsächlich in die Kasse fließt, steigt stetig.

Da das Geschäft mit Immobilien ebenso wie das mit Automarktplätzen irgendwann an Wachstumsgrenzen stößt, will sich Scout24 zum Rundumversorger entwickeln. Dazu gehört schon jetzt, dass Kunden über das Portal den passenden Umzugsservice finden, die geeignete Versicherung beziehen oder - wo die Münchener mit dem Kauf von finanzcheck.de angreifen wollen - Unterstützung für die Finanzierung bekommen. Künftig sollen zudem noch deutlich mehr individuelle, datengestützte Angebote dazukommen.

Zudem notiert Scout24 seit dem 18. Juni im MDAX. Dadurch rückt die Aktie stärker in den Fokus von Kleinanlegern, aber auch von institutionellen Investoren.

Charttechnisch ist die Aktie trotz des Kursrutsches vom Mittwoch vielversprechend. Der Weg für weitere Zuwächse ist charttechnisch frei. Anleger nutzen den Rücksetzer zum Einstieg.

Empfehlung: Kaufen
Kursziel: 56,00 Euro
Stoppkurs: 37,00 Euro