Da an den Terminmärkten die Umsätze mit Futures und Optionen den physischen Silberhandel in der Regel um ein Vielfaches übertreffen, interessieren sich die Akteure an den Silbermärkten für den im wöchentlichen Rhythmus veröffentlichten Stimmungsbericht der US-Aufsichtsbehörde CFTC besonders stark. Er zeigt nämlich auf, welche aktuellen Entwicklungen an der Terminbörse Commodity Exchange (Comex) hinsichtlich Silber-Futures im Vergleich zur Vorwoche zu beobachten waren. So erfahren Anleger zum Beispiel, wie sich das allgemeine Interesse an Silber-Futures entwickelt hat. Angezeigt wird dies durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), wobei einem Silber-Future 5.000 Feinunzen Silber (zumindest auf dem Papier) zugrunde liegen. Mit Argusaugen beobachten Anleger beim Commitments of Traders-Report aber vor allem, welche Transaktionen die unterschiedlichen Gruppen von Marktakteuren per Saldo getätigt haben. Daraus lässt sich dann die aktuelle Stimmung der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) erkennen und man sieht auf einen Blick, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist.

In der Woche zum 17. April hat sich vor allem die Stimmung großer Terminspekulanten deutlich aufgehellt. Beim allgemeinen Interesse an Silber-Futures gab es hingegen einen Rückgang von 227.200 auf 214.300 Kontrakte (-5,7 Prozent) zu beobachten. Der Stimmung großer und kleiner Terminspekulanten tat dies aber keinen Abbruch. Auf Wochensicht hat sich nämlich die kumulierte Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) von 4.600 auf 17.000 Futures (+270 Prozent) extrem verbessert.

Diese Entwicklung war vor allem den großen Terminspekulanten (Non-Commercials) zu verdanken. Deren Short-Exposure ist nämlich um über 13.000 Kontrakte eingebrochen, wodurch sich deren Netto-Short-Position (Pessimismus überwiegt) von minus 14.800 Futures auf minus 87 Kontrakte praktisch in Luft aufgelöst hat. Kleinspekulanten (Non-Reportables) sind jedoch skeptischer geworden und haben ihre Netto-Long-Position von 19.400 auf 17.000 Futures (-12,4 Prozent) deutlich reduziert. Auf Monatssicht hat sich der Silberpreis (+6,0 Prozent) deutlich besser entwickelt als "sein großer Bruder Gold" (+1,5 Prozent).

Auf Seite 2: Diverse Defizite am Silbermarkt

In der zweiten Aprilwoche veröffentlichte das Silberinstitut seinen Jahresbericht "World Silver Survey 2018" - mit interessanten Erkenntnissen. So meldete die Interessenvertretung der Silberindustrie für das vergangene Jahr zum fünften Mal in Folge ein Angebotsdefizit. Das heißt: Die physische Nachfrage fiel höher als das Angebot aus. Nach 32,5 Millionen Feinunzen in 2016 fiel die Fehlmenge mit 26,0 Millionen Feinunzen etwas geringer aus. Zur Erinnerung: Besonders hohe Defizite gab es in den Jahren 2013 (138,2 Millionen Feinunzen) und 2015 (121,3 Millionen Feinunzen) zu vermelden. Zurückgeführt wurde die leichte Entspannung auf eine deutlich rückläufige Münz- und Barrennachfrage (-27 Prozent p.a.) und das weniger dynamische Interesse an physisch besicherten Silber-Finanzprodukte, wo sich der Lageraufbau von plus 49,8 Millionen (2016) auf plus 2,4 Millionen Feinunzen (2017) verlangsamt hat. Anzeichen für einen starken Nachfrageboom waren lediglich im Bereich Photovoltaik registriert worden. Hier gab es nämlich einen Anstieg der Nachfrage von 79,3 Millionen auf 94,1 Millionen Unzen (+19 Prozent) zu vermelden.

Auf der Angebotsseite fiel auf, dass die Primärproduktion (Minenunternehmen) 2017 zum zweiten Mal in Folge zurückgefallen war. Im vergangenen Jahr ermäßigte sie sich von 888,6 Millionen auf 852,1 Millionen Feinunzen (-4,1 Prozent), während in der Sekundärproduktion (Recycling) ein Minus von 139,7 Millionen auf 138,1 Millionen Unzen (-1,1 Prozent) verzeichnet worden war. Fazit: Sowohl an den Terminmärkten als auch an den Kassamärkten spricht einiges dafür, dass das mit großem Abstand günstigste Edelmetall derzeit eher unter- als überbewertet ist.

Zum Commitments of Traders-Report:

Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.

Zum Autor:

Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.