Am 12. Juni ist es soweit. Kim Jong Un und Donald Trump sind zu Gesprächen verabredet. In Singapur. Ein Coup für das kleine Land, das sich über nur 700 Quadratkilometer erstreckt. Viele andere Metropolen hatten sich auch um die Ausrichtung des Treffens bemüht. Aber Singapur machte das Rennen - wohl weil es als sicherstes Land Asiens gilt.

Und vielleicht auch als fortschrittlichstes. Eingezwängt zwischen den muslimisch geprägten Ländern Malaysia und Indonesien, ist Singapur eng besiedelt, kennt dennoch kaum Staus. Taxis sind günstig, das U-Bahn-Netz ist nahezu perfekt ausgebaut. Und in ein paar Jahren soll es selbstfahrende Robo-Busse geben. Ein Plan, der gelingen muss, weil man dem privaten Autoverkehr Nullwachstum verordnet hat. Die Staatsführung ist getrieben von der Frage, wovon Singapur in den nächsten Jahrzehnten leben soll.

Das Land verfügt über keine Rohstoffe und hat kaum Industrie. Sämtliche Lebensmittel werden eingeführt, selbst das Trinkwasser kommt zum Teil aus Malaysia. Die Wirtschaft muss sich ständig neu erfinden: als Drehscheibe für Banken, für Start-ups und für die vernetzte Industrie. Und jetzt auch - siehe Robo-Busse - für autonomes Fahren.

Ausdruck der ständigen Neuausrichtung sind Mischkonzerne wie Jardine Matheson. Die Firmen unter dem Holdingdach decken ein breites Spektrum ab, vom Immobilienentwickler über die Hotelgruppe Mandarin Oriental bis hin zu einem der größten Autohändler in China. Ebenfalls typisch sind seit der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1965 die beiden Staatsfonds Temasek und GIC, die dabei helfen, die Wirtschaft immer wieder neu anzuschieben. Der Druck, immer wieder Neues liefern zu müssen, zeigt sich auch bei der Entwicklung des Wachstums. Die Schwankungen in den zurückliegenden Jahren waren recht heftig.

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Doch Singapur bewältigt die Herausforderungen bislang: Man ist innovativ, alles ist super sauber, Projekte werden mit unbändigem Elan vorangetrieben. Regierungschef Lee Hsien Loong will immer der Beste sein. Das erwartet die multikulturelle Gemeinschaft Singapurs aber auch, dafür verzichtet sie auf manche individuelle Freiheit im Einparteienstaat.

Und dafür liegt man im weltweiten Vergleich an der Spitze: Bei der Digitalisierung der Wirtschaft ist Singapur in Asien weit vorn. Die ganze Stadt ist von einem Glasfasernetz durchzogen, das Internet hier gehört zu den schnellsten Netzen in Fernost. Zudem ist man seit Neuestem Asiens größter Aufkäufer von US-Immobilien - noch vor der Volksrepublik China.

Dazu kommt, dass in Singapur die gewichtigste und umsatzstärkste Börse von Südostasien steht. Der Leitindex Straits Times ist legendär, den gibt es schon seit 1966. Ganz wichtig für die Börse ist auch Temasek (zu Deutsch: Stadt am Meer). Der Staatsfonds selbst ist zwar nicht börsennotiert, dafür gehört ihm aber gefühlt die halbe Kapitalisierung der Börse. Zu den Investments des Fonds gehören Anteile an bekannten Unternehmen wie Singapore Airlines, am Mischkonzern Keppel, an Singapore Telecommunications, an der Bank DBS Group und am Immobilienentwickler CapitaLand - alles Unternehmen, die eine wichtige Rolle im Straits Times spielen.



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Besonders gut macht sich gerade die DBS Group, ein Kerninvestment von Temasek - der Staatsfonds hält 29 Prozent der Anteile. Die DBS ist die größte Bank in Südostasien und weiterhin auf Expansionskurs auf dem ganzen Kontinent. Konzernchef Piyush Gupta ist längst dabei, das traditionelle Kreditinstitut mehr und mehr in ein Techunternehmen umzuwandeln.



Er muss Schritt halten mit chinesischen Fintechgiganten wie Tencent.Besser als andere globale Player im Bankenbereich hat Gupta verstanden, welches Stündlein für die Banken geschlagen hat. "In China kann man schon gut ohne Scheine und Münzen überleben", sagt er. Zum 50. Geburtstag der Bank hat er ihr daher einen neuen Slogan spendiert: "Live More, Bank Less", heißt der.

Ebenfalls ein wichtiges Investment im Temasek-Portfolio ist Keppel. Das Unternehmen ist in den Bereichen Immobilien und Bau tätig, betreibt Werften und ist in der Telekommunikation sowie im Energiesektor engagiert. Keppel ist zudem einer der weltweit größten Hersteller von Bohrplattformen für Erdöl. Schlagzeilen machte der Konzern zuletzt, weil er die Federführung beim Bau einer ganzen Stadt in China übernahm.

In Tianjin, direkt im Südosten Pekings, entsteht auf einer Fläche von 30 Quadratkilometern für 350 000 Bewohner eine Siedlung, die ganz auf nachhaltige Kriterien ausgerichtet sein soll: von der Begrünung der Anlagen über den Energiehaushalt bis zum Wassermanagement. Für Keppel ist China ohnehin ein Kernmarkt; an die 3000  Wohneinheiten dürfte das Industriekonglomerat in seiner Immobiliensparte 2017 hier verkauft haben.

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Auf einen Blick: Singapur