Mehr als vier von zehn Betrieben konnten im vergangenen Jahr nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen - "ein Allzeithoch", wie der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks am Donnerstag zu der Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter rund 15.000 Firmen sagte. "Und von diesen Unternehmen hat mehr als jedes dritte keine einzige Bewerbung erhalten." Dies zeige, wie sehr die Corona-Pandemie die Lage am Ausbildungsmarkt nochmals verschärft habe.

Lag der Anteil der Betriebe, die nicht für alle offenen Stellen Azubis finden konnten, im Jahr 2018 noch bei 32 Prozent, betrug er 2021 bereits 42 Prozent. Die Industrie (ohne Bau) verzeichnete einen besonders starken Zuwachs von 33 auf 50 Prozent. Aber auch im Gastgewerbe (56 auf 67 Prozent) sowie in Transport und Logistik (40 auf 54 Prozent) bleiben immer mehr Lehrstellen frei. Lediglich bei den unternehmensorientierten Dienstleistungen ist die Lage im Vergleich zu 2018 zumindest unverändert geblieben (jeweils 26 Prozent).

Als Grund für die Nichtbesetzung von Ausbildungsplätzen wird immer häufiger das komplette Ausbleiben von Bewerbungen genannt: Das galt im vergangenen Jahr für 36 Prozent der Fälle. 2018 waren es 30 Prozent. Dass sich die Schere zwischen Ausbildungsangeboten und nachfragenden Jugendlichen noch weiter geöffnet hat, führt Dercks nicht zuletzt auf die Corona-bedingten Einschränkungen zurück. Hierdurch seien Berufsorientierung, Berufsberatung und Ausbildungsplatzsuche erheblich erschwert worden. Die Berufsberater der Arbeitsagenturen kamen demnach nicht mehr in die Schulen, Ausbildungsmessen und Betriebspraktika mussten komplett abgesagt werden. "Das hat bei vielen Jugendlichen die Orientierungslosigkeit verstärkt", sagte Dercks. Den Unternehmen sei der hohe Stellenwert der Berufsorientierung sehr bewusst. Sie und die Kammern hätten bereits während der Pandemie neue digitale Formate entwickelt, um die fehlenden Angebote von Schulen und Arbeitsagenturen bestmöglich abzufedern.

Der DIHK-Umfrage zufolge möchten drei von vier Ausbildungsbetrieben ihr Angebot in der beruflichen Orientierung künftig weiter ausbauen. Allein 51 Prozent planen, mehr Schülerpraktika anzubieten. 38 Prozent wollen Veranstaltungen abhalten, 25 digitale Informationsangebote verstärken. "Die Unternehmen haben ihre Türen und Tore weit geöffnet und werben um den Nachwuchs", sagte Dercks.

rtr