Verheerende Jugendarbeitslosigkeit, lähmendes Staatsdefizit, Sparzwang aus Brüssel - die Spanier müssen einiges ertragen. Hinzu kommt das Polit-Establishment, das nicht in der Lage ist, sich zu einigen: Seit einem halben Jahr ist das Land quasi unregierbar, weil sich der Wahlsieger der Konservativen (PP), Mariano Rajoy, unwillig zeigte, mit den anderen Parteien zu verhandeln. Nach den jüngsten Neuwahlen vom 26. Juni hat sich daran nicht viel geändert.

Zwar haben die Konservativen am Sonntag wieder gewonnen. Die regierende Partei hat aber immer noch keine absolute Mehrheit. Eine schnelle Regierungslösung ist daher nicht in Sicht. Die iberische Halbinsel muss sich auf einen langen und zähen politischen Sommer einstellen. Für den spanischen Aktienmarkt sind das keine guten Nachrichten - das passt ins Bild der vergangenen Monate. Der Leitindex Ibex 35 verlor in der ersten Jahreshälfte fast ein Fünftel an Wert - deutlich mehr als der DAX.

Die unklaren politischen Verhältnisse deuten auf eine anhaltende spanische Börsenflaute hin. Risikobereite Anleger können mit Short-Knock-outs auf den Ibex überproportional von Kursverlusten des Index profitieren. Je größer der Hebel der Produkte, desto größer die mögliche Rendite. Der Hebel wirkt jedoch in beide Richtungen. Geht es mit dem Leitindex nach oben, verlieren Scheine entsprechend an Wert. Und wird die Knock-out-Schwelle verletzt, ist das eingesetzte Kapital komplett verloren. Daher empfiehlt es sich, einen Put-Schein zu wählen, dessen K.-o.-Level noch ein gutes Stück über dem aktuellen Indexkurs liegt. Es gilt: Je kleiner der Sicherheitspuffer, desto renditeträchtiger und desto riskanter ist das Investment. Bestimmte Knock-out-Papiere, auch Mini-Futures genannt, sind mit einer Stop-Loss-Schwelle ausgestattet. Diese soll den Totalverlust verhindern. Wird die Kursmarke erreicht, erhalten Anleger immerhin noch einen Restwert ausgezahlt.

Auch mit Short-Faktor-Zertifikaten können Anleger gehebelt auf einen fallenden Ibex setzen. Im Gegensatz zu K.-o.-Papieren droht kein unmittelbarer Totalverlust. Faktorzertifikate haben einen konstanten Hebel (Faktor), der sich auf die Tagesperformance des Basiswerts bezieht. So steigt zum Beispiel ein Short-Produkt mit dem Faktor drei um drei Prozent, wenn der Index innerhalb eines Tages um ein Prozent fällt. Gewinnt der Index ein Prozent, sinkt der Zertifikatekurs um drei Prozent.



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Ein paar wenige Aufrechte



Trotz des angeschlagenen Gesamtmarkts erscheint ein Blick auf einzelne Aktien aus dem Ibex, die die jüngsten Kursturbulenzen gut überstanden haben, interessant. Das gilt etwa für den Erdgasversorger Enagás. Das Unternehmen betreibt in Spanien mehr als 10 000 Kilometer Pipelines, zwei unterirdische Speicher und drei Regasifizierungsanlagen. Zudem hält der Konzern einen Anteil von 40 Prozent an einer Regasifizierungsanlage in Bilbao und 40 Prozent des Terminals in Altamira in Mexiko. Die jüngsten Quartalszahlen geben Anlass zur Hoffnung. Enagás konnte seine Verschuldung gegenüber dem Jahresende 2015 leicht reduzieren. Das Nettoergebnis verbesserte sich leicht um 0,5 Prozent, die Dividende wird um fünf Prozent auf 1,39 Euro angehoben. Trotz der politischen Instabilität Spaniens bewegte sich der Titel des Versorgers in der ersten Jahreshälfte tapfer seitwärts. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für 2017 von 14 ist der Titel moderat bewertet.

Weiterhin könnte die Aktie des spanischen Ölkonzerns Repsol einen Blick wert sein. Sie gehörte nach längerem Abwärtstrend wieder zu den Gewinnern der vergangenen Monate. Nicht nur der wieder anziehende Ölpreis, auch die drastischen Sparmaßnahmen sollen den Gewinn erneut wachsen lassen. Hinzu kommt die positive Entwicklung der Raffineriesparte, in der die geförderten Rohstoffe zu Benzin und Diesel weiterverarbeitet werden.

Eine bemerkenswerte Wertentwicklung schaffte zuletzt auch ArcelorMittal. Das weltgrößte Stahl- und Bergbauunternehmen ist in über 60 Ländern präsent. Der Konzern produziert für die Automobil- und Bauindustrie, den Verpackungsmarkt, den Maschinenbau und für die Haushaltsgeräteindustrie. Seit Anfang Februar hat sich der Kurs von rund zwei auf vier Euro verdoppelt. Für die Analysten der Privatbank Berenberg ist der Titel ein klarer Kauf. Das Kursziel sehen sie bei 6,50 Euro. Ein Grund dafür ist der Brexit, der sich positiv auf die europäische Stahlbranche auswirkt: Der Austritt Großbritanniens könnte die Chancen auf stärkeren Schutz lokaler Hersteller gegenüber Importen erhöhen. Davon sollte ArcelorMittal profitieren.

Riskante Bankenwette



Im Gegensatz zur Stahlbranche zwang der Brexit die Kurse der Finanztitel gehörig in die Knie. So rauschte die Santander-Aktie am 24. Juni rund 15 Prozent in die Tiefe. Eine rasche Regierungsbildung könnte den Kurs der Finanzwerte allerdings wieder ein Stück nach oben befördern. Zwar hat die US-Bank JP Morgan jüngst das Kursziel von 5,50 auf 4,80 Euro gesenkt. Bei einem aktuellen Kurs von rund 3,50 Euro könnte sich der Einstieg jedoch trotzdem lohnen. Ein Investment in Spaniens Bankensektor ist allerdings ähnlich spekulativ wie die gehebelte Wette auf einen weiter fallenden Ibex.



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