Ob für Katastrophenhilfen, kranke Kinder oder leidende Tiere: Die Deutschen spenden gern und großzügig. Aber nicht jede Hilfsorganisation ist seriös. Von Maren Lohrer, Euro am Sonntag

Geld macht glücklich - vor allem, wenn man es für andere ausgibt, behauptet der Schweizer Ökonom Bruno Frey. Jährlich spenden die Deutschen fünf Milliarden Euro an Organisationen, die versprechen, mit dem Geld Gutes zu tun. In der Vorweihnachtszeit zeigen sich die Bundesbürger traditionell besonders generös. Jeder fünfte Spendeneuro fließt im Dezember.

Den höchsten Anteil am Spenden­volumen mit knapp 74 Prozent macht die humanitäre Hilfe aus, hat der Deutsche Spendenrat ermittelt. Aber auch für Kulturelles oder für Tier- und Umweltschutz wird per Post, Internet und mit der Spendenbüchse gesammelt.

Wer helfen möchte, der sollte seine Mittel nicht zu leichtgläubig verteilen. Denn nicht jede wohltätige Organisation ist so seriös, wie sie sich gibt. ­Worauf sollten Spender achten?

Mehr als 600.000 Vereine und 20.000 Stiftungen sind in Deutschland regis­triert. Die Geschäftszweige sind höchst unterschiedlich - von Heimatpflege, Sportförderung, Unterstützung bei Krankheiten, Schutz für Tiere bis zur Katastrophenhilfe im Ausland. Auch von der Größe, Struktur und Transparenz sind die Organisationen heterogen. "Für Verbraucher ist es kaum möglich, einen Überblick zu erhalten - von einem Vergleich ganz zu schweigen", sagt Christoph Müllerleile, Experte für Fundraising, also für die systematische Beschaffung von Spenden.

Zudem wird der Spendensektor in Deutschland kaum durch Gesetze oder staatliche Kontrollen reguliert. "Es besteht keine Veröffentlichungspflicht für Spendenorganisationen, weshalb in der Öffentlichkeit ein großer Bedarf an verlässlichen Informationen und Entscheidungshilfen besteht", sagen Tanja Ibrahim und Christel Neff vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI).

Müllerleile verweist in diesem Zu­sammenhang auf Großbritannien. Dort gibt es eine sogenannte Charity Commission. Diese Regierungsorganisation führt ein Zentralregister, in das sich jeder eintragen lassen muss, der in England und Wales steuerbegünstigt sammeln will. "So etwas sollte es in Deutschland auch geben", fordert er.

Lug und Trug


Denn hierzulande tummeln sich auf dem Spendenmarkt auch dubiose Organisationen. So warnt die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Rheinland-Pfalz auf ihrer Homepage ­regelmäßig vor auffälligen Spendensammlern. Ende Oktober hat die ADD über die Kinderaktionshilfe e. V. mit Sitz in Lübeck informiert, Mitte September über die Kinder Krebs Aktion Deutschland e.V. aus Berlin.

Auch das DZI rät bei etlichen Orga­nisationen von Spenden ab. Als nicht förderungswürdig hat es beispielsweise das Familienschutzwerk e. V. oder den ParkinsonFonds Deutschland gGmbH eingeschätzt. Auf der Liste findet sich auch Aktion Tier - Menschen für Tiere e. V. (diese Organisation hieß früher Deutsches Tierhilfswerk). Ein damaliger Vereinsvorsitzender saß in Haft, weil er Vereinsgelder in Millionenhöhe veruntreut hatte.

"Diese schwarzen Schafe gefährden auch den Ruf der redlichen karitativen Sammelorganisationen", sagt Müllerleile. Letztere sind auf Spenden angewiesen, um gesellschaftliches Engagement zu zeigen - und um die Lücken zu füllen, die der Staat offen lässt. Sie brauchen die Spenden für ihren Hilfszweck, aber auch für die eigene Organisation. "Wenn jemand damit wirbt ‚Jeder Cent kommt an‘ - dann stimmt das natürlich nicht", sagt Müllerleile.

Ausgaben für Werbung und Verwaltung sind zunächst nicht verwerflich, denn auch die Mitarbeiter wollen bezahlt werden, zudem gibt es ohne Werbung keine Spenden. Schwierig wird es, wenn ein Missverhältnis besteht zwischen den Ausgaben für den Hilfszweck und den eigenen Kosten. Doch wann ist dieses Missverhältnis erreicht? "Niemandem ist es bisher gelungen, einheitliche Kriterien für die Definition von Verwaltungs-, Werbungs- und Projektkosten durchzusetzen", gibt Müllerleile zu bedenken.

Seriös und sicher


Wer spenden will, sollte dies nicht aus dem Bauch heraus tun, sondern sich zuvor zumindest im Internet informieren. Eine seriöse Spenden-Website nennt ­Ansprechpartner und Adresse. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät zudem, den Geschäftsbericht der ­Organisationen anzusehen, der auf der Website zu finden sein sollte. Bei redlichen Akteuren steht dort, wofür das Geld aus Spenden oder Mitgliedsbeiträgen ausgegeben wurde. Der größte Teil sollte für den guten Zweck verwendet werden, die Verbraucherschützer geben als Richtgröße 60 bis 65 Prozent vor.

Vorsicht ist angebracht, wenn mit der Spendenbüchse oder in sozialen Medien mit mitleiderregenden Appellen um Spenden geworben wird und die Bankverbindung sofort ins Auge fällt, es jedoch kaum Informationen zum Initiator und dessen sozialem Engagement gibt.

Auch bei Fördermitgliedschaften rät die Verbraucherzentrale Nordrhein- Westfalen zu Wachsamkeit. Unseriöse Gruppen drängten oftmals gleich auf die Überweisung einer Dauerspende oder wollten eine feste Mitgliedschaft.

Auf der sicheren Seite sind Spender, wenn sie eine Organisation bedenken, die das Zertifikat des Deutschen Spendenrats oder das Siegel des DZI trägt. Diese Auszeichnungen erhält nur, wer regelmäßige Überprüfungen besteht. Organisationen können sich zudem der Initiative Transparente Zivilgesellschaft anschließen (siehe "Spendentipps"). Spenden lassen sich als Sonderausgaben von der Steuer absetzen, wenn die Organisation gemeinnützig ist. So macht das gespendete Geld gleich doppelt glücklich.

Spendentipps


Deutscher Spendenrat: Diese Organisation mit Sitz in Berlin vergibt seit Mitte 2017 Spendenzertifikate. Die Kontrolle des Zertifikats erfolgt durch unabhängige Wirtschaftsprüfer. Nur Mitglieder des Deutschen Spendenrats e. V. können das Zertifikat erwerben, zurzeit sind es knapp 70. Sämtliche Mitglieder werden über einen Zeitraum von drei Jahren sukzessive geprüft. Die für drei Jahre gültige Verleihung belegt, dass die gemeinnützigen Mitglieder mit den ihnen anvertrauten Mitteln verantwortungsvoll und transparent im Sinne der angegebenen Ziele und Regeln umgehen. Werbe- und Verwaltungskosten müssen nachvollziehbar sein, eine starre Obergrenze existiert nicht. Für das Spendenzertifikat fallen über die Mitgliedsbeiträge hinaus keine Kosten an.
www.spendenrat.de

Deutsches Zentralinstitut: Rund 230 Or­ganisationen tragen aktuell das Siegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI). Um es beantragen zu können, müssen die Hilfswerke mindestens 25.000 Euro Spenden jährlich einsammeln. Die Prüfung erfolgt durch DZI-Mitarbeiter. Die Hilfsorganisation muss nachweisen, dass sie die Spenden wirtschaftlich und zweckgebunden verwendet. Die Werbe- und Verwaltungsausgaben müssen nachvollziehbar ausgewiesen sein und dürfen nicht mehr als 30 Prozent der jährlichen Gesamtausgaben betragen.
www.dzi.de

Initiative Transparente Zivilgesellschaft (ITZ): Wer sich dieser Initiative von Transparency International Deutschland anschließt, muss lediglich seine Angaben im Sinne einer Selbstverpflichtung abgeben. Die ITZ garantiert nicht die Richtigkeit. Dennoch kann sie für Transparenz sorgen, da sie ein Plus an ­Informationen bringt. Aktuell dürfen 1.247 Organisationen das Logo führen. Es fallen keine Kosten an. Dies ist ein Weg für kleine Organisationen, die die Kosten für den Deutschen Spendenrat oder das DZI nicht aufbringen können, aber transparent sein wollen.
www.transparency.de