Putin dreht den Gashahn zu und weltweit steigen die Kurse. Spielt der Aktienmarkt verrückt? Von Frank Pöpsel 

Ob die Marktteilnehmer sich tatsächlich immer rational verhalten, mag bezweifelt werden, doch es gibt eine Erklärung für ihr Verhalten: Die Börsianer glauben nicht an eine anhaltende Inflation und damit auch an ein Ende des Zinserhöhungszyklus schon im kommenden Jahr.

Abzulesen ist das an der sogenannten US-Breakeven Inflation Rate. Sie berechnet sich aus der Differenz zwischen der Verzinsung „normaler“ US-Staatsanleihen und inflationsgeschützter US-Staatsanleihen und spiegelt damit exakt wieder, welche Inflationsrate die Börsianer für das kommende Jahr erwarten.

Break Even Inflation Rate

Und jetzt kommt der Hammer! Die Inflationserwartungen sind seit Beginn des Zinserhöhungszyklus der US-Notenbank FED extrem gefallen. Während die Märkte noch Mitte Juni mit einer US-Inflationsrate von rund 5.5 Prozent im kommenden Jahr rechneten, erwarten sie in den Vereinigten Staaten jetzt nur noch eine Preissteigerung von 1,98 Prozent. „Einen Rückgang von mehr als 60 Prozent bei den Inflationserwartungen in nur drei Monaten ist der Hammer! Das hat es in der Vergangenheit so gut wie nie gegeben“, kommentiert ein Händler die Entwicklung. „Wenn die Märkte Recht haben, sind die Inflationssorgen der Zentralbanken weit weniger dramatisch als gedacht“, erläutert Arne Petimezas,Senior Analyst des Researchhauses AFS Group.

Optimistisch stimmen die Börsianer die zuletzt deutlich gefallenen Energie- und Nahrungsmittelpreise. Der Ölpreis hat gegenüber seinem Hoch im Juni gut 20 Prozent verloren und auch der europäische Gaspreis ist trotz Putins Blockade um rund ein Drittel gegenüber seinem Höchststand gefallen.

Noch dramatischer sieht es bei den Frachtraten aus. Der Preis für Fracht von China in die USA ist im Jahresvergleich um fast zwei Drittel zurück gegangen, die Kosten für den Transport nach Europa zumindest um knapp ein Drittel.

Vielleicht haben die Inflations-Wetten ja doch Recht und alles wird nicht so schlimm.