Die Aussicht auf einen Übernahmekampf um Stada elektrisierte am Montag auch die Aktionäre des Unternehmens. Die Anteilsscheine legten um bis zu 15 Prozent auf ein Rekordhoch von 57,10 Euro zu - und lagen damit über den 56 Euro, die Cinven bisher bieten will.

Die Offerte von Advent liege etwas darunter, sagten zwei Brancheninsider. Viel mehr sei für die Aktionäre auch nicht drin. "Man kann immer noch was drauflegen. Mehr als 60 Euro dürfte aber kein Finanzinvestor zahlen", sagte einer der Insider. Warburg-Analyst Ulrich Huwald sagte: "Das ist ein sehr attraktives Angebot für Stada-Aktionäre." Die monatelangen Spekulationen um einen Eigentümerwechsel haben das Unternehmen im Branchenvergleich teuer gemacht. Sein Kollege Thomas Maul von der DZ Bank hält sogar bis zu 63 Euro je Aktie für denkbar.

Die beiden Interessenten könnten noch Konkurrenz bekommen: Zumindest die Beteiligungsgesellschaften Permira und CVC, die seit längerem um Stada buhlen, könnten ebenfalls Angebote vorlegen, sagten Insider. Ein Stada-Sprecher sagte, der Vorstand müsse alle Offerten prüfen. Das Unternehmen warnte, es sei aber ungewiss, ob es am Ende zu einer Übernahme kommen werde. Während der Vorstand um Interims-Chef Wiedenfels von Anfang an als offen für einen Verkauf galt, pocht der vom Pudding-Erben Carl Ferdinand Oetker geführte Aufsichtsrat auf die Unabhängigkeit von Stada. "Eigenständigkeit ist kein Selbstzweck", hatte Wiedenfels im Herbst gesagt.

ADVENT HAT MIT AUFSPALTUNGEN SCHON ERFAHRUNG



Für viele Finanzinvestoren wäre Stada ein Kraftakt. Doch sie stehen derzeit unter starkem Druck, das ihnen von den Anlegern anvertraute Geld möglichst gewinnbringend zu investieren. Cinven hatte für den Stada-Kauf zunächst einen Schulterschluss mit dem Arzneimittel-Hersteller Polpharma aus Polen ausgelotet, wie Reuters von einer mit der Sache vertrauten Person erfuhr. Doch der Plan habe sich als zu komplex erwiesen, so dass sich Cinven für einen Alleingang entschieden habe. Möglicherweise schlössen sich am Ende auch zwei Bieter zusammen, sagte ein anderer Branchenkenner. Advent hat mit einem 13-Milliarden-Dollar-Fonds tiefere Taschen als Cinven mit seinem Sieben-Milliarden-Fonds.

Eine Übernahme könnte auf eine Aufspaltung von Stada hinauslaufen, das 1895 als Apotheker-Genossenschaft unter dem Namen "Standardarzneimittel Deutscher Apotheker" (Stada) in Dresden gegründet wurde. Stada ist einer von Europas größten Anbietern von Nachahmermedikamenten - ein Markt, der von hohem Wettbewerb, regulatorischen Eingriffen und Preisdruck geprägt ist. Zudem bietet das Unternehmen Markenprodukte an, mit denen sich deutliche höhere Renditen erzielen lassen. Advent hatte bereits den Handelskonzern Douglas von der Börse genommen und mit großem Gewinn zerschlagen, Cinven ist in Deutschland unter anderem am Labor-Konzern Synlab beteiligt. Die Beteiligungsgesellschaften wollte sich nicht zu ihren Plänen mit Stada äußern.

AKTIVISTEN TREIBEN STADA VOR SICH HER



Spekulationen um einen Verkauf von Stada gibt es angesichts einer Übernahmewelle in der Generikabranche seit Jahren. Neu entfacht wurden sie im Frühjahr mit dem Einstieg des Investors Active Ownership Capital (AOC), der mehr als fünf Prozent hält und Stada seither mit der Forderung nach Veränderungen vor sich her trieb. Unter anderem wurden die vinkulierten Namensaktien abgeschafft, die einen Verkauf erschwerten. Der langjährige Vorstandschef Hartmut Retzlaff nahm im Frühsommer seinen Hut, Aufsichtsratschef Martin Abend wurde abgewählt.

AOC wäre bei einem Verkauf der große Gewinner. Mit einem der beiden Übernahmeangebote könnte der Investor seinen Einsatz in etwa verdoppeln. Er setzt aber auch auf ein höheres Gebot: Der Vorstand stehe in seinem Bemühen, den Wert des Unternehmens zu steigern, erst am Anfang, erklärte der aktivistische Investor am Montag. In seinem Schlepptau hatten sich auch andere kurzfristig orientierte Investoren wie der Amerikaner Guy Wyser-Pratte mit Stada-Aktien eingedeckt. Mediziner und Pharmazeuten, die das Unternehmen lange dominiert hatten, halten laut Stada heute nur noch rund zehn Prozent der Anteile.

rtr

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