Bei dem Netzbetreiber Tele Columbus sieht es derzeit nicht gut aus: Hohe Schulden, Rückzug von einigen Großaktionären und Senkung der Jahresziele. Doch jetzt hat sich das Berliner Unternehmen mit einem Kredit von über 75 Millionen Euro Luft verschafft. Mit dem Darlehen möchte der Kabelnetzbetreiber eine bestehende Kreditlinie zurückzahlen und den Rest investieren. Dadurch könne die finanzielle Flexibilität von Tele Columbus erhöht werden, teilte der Konzern am Freitag mit.

Doch geschenkt ist das nicht: Für die Laufzeit der Finanzierung von fünf Jahren muss Tele Columbus tief in die Tasche greifen. Es werden Zinsen in Höhe von 4,25 Prozent fällig. Der Kredit sei teuer und verdeutliche das gestiegene Risikoprofil, sagte ein Analyst. Zuletzt hätte die Zinsmarge 3,25 bis 3,75 Prozent betragen.

Im ersten Halbjahr waren der Umsatz und das operative Ergebnis zurückgegangen. Für das laufende Geschäftsjahr peilt Tele Columbus nun ein Ebitda von mindestens 235 Millionen Euro. Bislang hatte der Berliner Konzern einen Wert von 265 bis 280 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Dadurch könnte das operative Ergebnis um bis zu elf Prozent fallen.

Übernahmespekulationen reißen nicht ab



Analysten und Investoren glauben immer mehr an eine Übernahme durch den Großaktionär United Internet. Grund dafür ist die hohe Verschuldung von Tele Columbus: per Ende August Verbindlichkeiten in Höhe von fast 1,4 Milliarden Euro. In den vergangenen beiden Jahren hat das Unternehmen netto mehr als 26 Millionen Euro versenkt.

United Internet könnte helfen. Mit knapp 29 Prozent ist der deutsche Konzern der größte Anteilseigner von Tele Columbus. Sollte der Internet- und Mobilfunkanbieter die Beteiligung auf über 30 Prozent erhöhen, müsste United Internet ein Übernahmeangebot machen. Seit dem Einstieg halten sich die Gerüchte hartnäckig.

Und die Spekulationen werden weiter angefacht. Anfang Oktober waren die Aufsichtsratsmitglieder Frank Krause und Volker Ruloff zurückgetreten. Die beiden wurden erst im Juni 2017 in den Aufsichtsrat gewählt. United Internet kündigte daraufhin an, sich bei der nächsten Wahl "konstruktiv einzubringen". Vor allem der Rücktritt von United Internet-Vertreter Krause sorgte unter Experten für Aufsehen. Dadurch würde im Fall einer Übernahme ein Interessenskonflikt vermieden.

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Einschätzung der Redaktion



Die Tele Columbus-Aktie befindet seit Anfang April im Abwärtstrend. Nachdem der Konzern den Termin der Halbjahreszahlen Anfang August überraschend nach hinten verschoben hatte, brach die Aktie um mehr als die Hälfte ein und markierte mit 2,38 Euro ein neues Allzeittief. Seitdem pendelt das Papier zwischen 2,38 Euro und 2,90 Euro.

Seit Jahresbeginn verlor das Papier fast 68 Prozent. Damit ist die Tele Columbus-Aktie sogar schwächer als der krisengeschüttelte Möbelkonzern Steinhoff. Auch der Rückzug einiger Großaktionäre in den vergangenen Monaten beunruhigte die Anleger. So baute beispielsweise der US-Fonds Smallcap seinen Anteil an Tele Columbus von zuletzt 4,45 Prozent auf 1,98 Prozent ab. Der US-Investor Capital Group senkte seine zehnprozentige Beteiligung auf 3,83 Prozent ab.



Charttechnisch gesehen ist das Papier stark angeschlagen. Anleger sollten weiter auf der Hut sein. Die Erholungsversuche in den vergangenen Wochen hielten nie lange an. Der nächste Widerstand auf dem Weg nach oben liegt bei 3,60 Euro.

Im schlimmsten Fall könnte sich United Internet sogar von seinen Anteilen trennen. Es ist also gut möglich, dass die Tele Columbus-Aktie in den nächsten Wochen weiter abrutscht und ein neues Allzeittief findet. Wir setzen unseren Stoppkurs deshalb bei 1,85 Euro. Anleger, die auf eine mögliche Übernahme spekulieren, können einen Kauf riskieren. Fundamental orientierte Investoren lassen die Finger weg.

Zielkurs: 5,00 Euro
Stoppkurs: 1,85 Euro