Showman Elon Musk übertraf sich selbst: Lässig warf der Tesla-Chef das Jackett weg, legte ein paar Tanzschritte auf die Bühne und beglückwünschte hernach cool lächelnd chinesische Käufer der ersten Model-3-Limousinen aus Chinas erster Gigafactory. Anlass des denkwürdigen Auftritts war der Produktions­start des Model Y, eines Elektro- SUV für die kaufkräftige Masse. "Letztlich wird das Model Y eine höhere Nachfrage erfahren als alle anderen Tesla-Modelle zusammen", prophezeit der Elek­tropionier.

So sieht sich der exzentrische Gründer des bis dato erfolgreichsten Herstellers von Stromern gern: als dynamischen Revoluzzer, der die etablierte Konkurrenz mit markigen Worten alt aussehen lässt. Anders als früher hatte Musk dieses Mal mehr im Gepäck: Nur wenige Tage zuvor hatte das kalifornische Unternehmen überraschend starke Produktionszahlen vermeldet. 112.000 Autos hat Tesla im vierten Quartal ausgeliefert. Die Zahl des Vorjahres wurde damit um 23 Prozent getoppt, die Erwartungen der Wall Street wurden weit übertroffen.

Kritiker sind fürs Erste verstummt. Und Leerverkäufer, die das Unternehmen für vielfach überbewertet halten, gerieten schon in den zurückliegenden Wochen bei steigendem Kurs zusehends unter Druck. Auch ihre Deckungskäufe führten zu einer furiosen Rally, die, quasi synchron zur Gala in Shanghai, in einem neuen Rekordhoch der Aktie gipfelte.

Schluss mit Übertreibungen


Mit rund 85 Milliarden Dollar ist der Elektropionier an der Börse inzwischen so viel wert wie die einstigen US-Ikonen General Motors oder Ford zusammen. Selbst die weltweite Nummer 1 der Branche, Volkswagen, liegt in Schlagweite.

Dabei hatte der Visionär und Selfmademilliardär mit großspurigen Ankündigungen regelmäßig überzogen. Bis 2020 wollte Musk einst eine Million Stromer jährlich auf die Straße schicken. 367.500 Elektroflitzer hat Tesla 2019 ausgeliefert, das ist weltweit Spitze.

Die Wall Street wettet gerade darauf, ob Tesla die elektromobile Poleposition halten kann. Das entscheidende Rennen startet in China: Den weltgrößten Automarkt beliefern die Amerikaner seit Kurzem aus Shanghai mit dem Model 3. Ab 2021 soll Model Y in der absatz- und margenträchtigen SUV-Kategorie antreten und auch deutsche Wettbewerber wie Daimler und BMW das Fürchten lehren. Die nagelneue Gigafactory bietet Kapazität für 150.000 Autos pro Jahr. In der letzten Ausbaustufe soll Shanghai jährlich eine halbe Million ausspucken. Die Konkurrenz verfolgt angespannt, ob Tesla die Produktion so rasch hochfahren kann.

Unvergessen ist allerdings das Rumpeln, das 2017 aus der Stammfabrik im kalifornischen Newmont drang. Extrem schwer tat sich Tesla mit der Produktion des massentauglichen Model 3. In Musks "Produktionshölle" sank das Betriebsklima unter null - und die Verluste stiegen.

Letztlich wird die Wall Street auch den Visionär Musk am Profit messen. 2020 erwartet die Analystengemeinde endlich schwarze Zahlen - zum ersten Mal auch in einem Gesamtjahr. Schon eine leise Enttäuschung könnte die Aktie nach ihrem jüngsten Höhenflug wieder abstürzen lassen.

Gründe dafür gibt es: In den USA sind seit Jahresanfang steuerliche Förderungen für E-Autos ausgelaufen, viele US-Kunden kauften deshalb bereits vor dem Jahreswechsel. Das erste Halbjahr 2019 ist Aktionären überdies in schlechter Erinnerung: Nach einem überraschenden Gewinn im vierten Quartal 2018 und starkem Jahresauftakt brach die Aktie ein.

Allzeithoch: Charttechnisch starkes Signal. Aber Gefahr ­wegen vorgezogener US-Käufe. Teilgewinne mitnehmen.

Empfehlung: Beobachten
Kursziel: 450,00 Euro
Stoppkurs: 359,00 Euro