"Mittel- und langfristig, das muss man ganz klar sagen, wollen wir auch das Werk in Brasilien nicht bei ThyssenKrupp haben", sagte Vorstandschef Heinrich Hiesinger in einem am Sonntag veröffentlichten Interview des Deutschlandfunks. Man müsse sehen, wie die Lage in zwei, drei Jahren sei. Er wolle sich aber nicht festlegen. "Also ich möchte - das habe ich sicher auch gelernt bei dem Verkaufsprozess mit Americas - keinen neuen Zeithorizont aufmachen."

Hiesinger hatte anderthalb Jahre nach einen Käufer für die Sparte Steel Americas gesucht, die den Konzern an den Rande des Ruins gebracht hat. Es war ihm Ende November aber lediglich gelungen, die attraktivere Anlage in den USA für gut eine Milliarde Euro an ArcelorMittal und Nippon Steel zu verkaufen. Nach Pleiten, Pech und Pannen waren die Kosten für beide Werke auf knapp 13 Milliarden Euro explodiert. Mehr als acht Milliarden Euro hat das Rohstahlwerk in Brasilien verschlungen.

KEINE KONKRETEN PLÄNE FÜR WEITERE KAPITALERHÖHUNG

Zum Ende des Geschäftsjahres 2012/13 (per Ende September) drückten auch deshalb den Konzern Schulden in Höhe von fünf Milliarden Euro. Eine Kapitalerhöhung im Dezember brachte rund 880 Millionen Euro ein. Auf der Hauptversammlung am kommenden Freitag in Bochum will sich der Vorstand erneut die Ausgabe neuer Aktien genehmigen lassen. Dabei handele es sich um einen Vorratsbeschluss. "Aber ich denke, in einem heutigen hoch volatilen Umfeld und insbesondere auch in der Situation, in der sich unser Unternehmen befindet, wäre es nicht verantwortungsbewusst, sich dieses Werkzeug nicht vorsorglich zu schaffen. Aber ganz eindeutig, wir haben keine konkreten Pläne", sagte Hiesinger dem Sender.

Nach der letzten Kapitalerhöhung und dem Verkauf des Amerika-Stahlwerks könnten die Schulden auf knapp über drei Milliarden Euro zurückgefahren werden, fügte er hinzu. Wenn der Konzern jetzt noch zwei Jahre in diese Richtung agiere, dann werde der Schuldenstand weiter reduziert und der Konzern in Richtung schuldenfrei gehen.

Dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" zufolge will Hiesinger mittelfristig die Ertragslage deutlich verbessern. "Wir müssen die Gewinne vor Steuern und Zinsen verdoppeln", zitierte das das Blatt den Manager in seiner neuesten Ausgabe. Der Konzern wollte sich nicht dazu äußern, ob sich Hiesinger entsprechend geäußert hat. Eine offizielle Mittelfristprognose des Unternehmens gibt es nicht - auch weil Hiesinger immer wieder betont hat, dass es zu viele Ungewissheiten gebe.

ThyssenKrupp hatte im vergangenen Jahr eine Verlust von 1,5 Milliarden Euro eingefahren - nach fünf Milliarden Euro Miesen im Geschäftsjahr zuvor. Wann der Konzern wieder schwarze Zahlen schreibt ist offen. Im laufenden Jahre rechnet das Unternehmen mit einer "deutlichen Verbesserung in Richtung eines wieder ausgeglichenen Jahresergebnisses". Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) soll auf rund eine Milliarde Euro von zuletzt 599 Millionen steigen.

ThysenKrupp haben in den vergangenen Jahren auch immer wieder Korruptionsvorwürfe und Kartellstrafen zu schaffen gemacht. Hiesinger hat krummen Geschäften eine klare Absage erteilt und Tausende Mitarbeiter in Anti-Korruptionskursen geschult. Bereits seit längerem erwägt der Konzern, die Aufgaben auch in einem neuen Vorstandsressort zu bündeln. Dem "Spiegel" zufolge wollen Hiesinger und Aufsichtsratschef Ulrich Lehner noch vor der Hauptversammlung einen neuen Vorstand für Compliance installieren. Auch hierzu wollte sich der Konzern am Sonntag nicht äußern. rtr