Die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst, sagte den RND-Zeitungen, dass noch im März alle Schüler in der ein oder anderen Form wieder in die Schulen gehen sollten. "Wir gehen damit an die Grenzen dessen, was verantwortbar ist", sagte Spahn zu den Bund-Länder-Beschlüssen angesichts weiter steigender Corona-Neuinfektions-Zahlen. Der Präsident des Robert-Koch-Institus, Lothar Wieler, warnte vor einer weiteren Ausbreitung der ansteckenderen Virus-Varianten, die die Pandemie weniger kontrollierbar mache. Die Mutationen würden in kurzer Zeit in Deutschland vorherrschend sein.

Das RKI meldete 10.580 neue Positiv-Tests - das waren erneut mehr Neuinfektionen als am Freitag vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 65,4 (Vortag: 64,7). Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner sich in den vergangenen sieben Tagen mit dem Coronavirus angesteckt haben. Die Inzidenz lag in Schleswig-Holstein am Freitag bei 47, in Thüringen dagegen bei 128,9. Den RKI-Angaben zufolge wurden innerhalb von 24 Stunden 264 weitere Tote mit dem Corona-Virus gemeldet. "Inzwischen deutlich mehr als 70.000 - so viele Menschen in unserem Land sind Corona bereits zum Opfer gefallen", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Dies sei "eine erschütternde, eine verstörende Dimension".

LÄNDER WOLLEN RASCH NEUE TESTSTRATEGIE UMSETZEN


Die Öffnungsschritte sollen mit einem verstärkten Testen und Impfen abgesichert werden. Wie einige andere Landesregierungen kündigte auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) für das bevölkerungsreichste Bundesland an, dass man das Angebot eines kostenlosen Tests pro Woche in den nächsten Tagen umsetzen werde. Der Bund übernimmt dafür die Kosten. Er sei zuversichtlich, dass dies in Nordrhein-Westfalen schnell gehen könne, sagte Spahn. Einige Länder hätten in den vergangenen zweieinhalb Wochen bereits vorgearbeitet, andere noch nicht. Aber Kommunen wie Tübingen oder Rostock, die ihren Bürgern kostenlose Tests schon länger in Eigenregie anbieten, zeigten, wie es gehe. Laumann sagte, dass auch Apotheker in das Testen mit einbezogen werden sollten.

Der Gesundheitsminister betonte, dass dafür auch bereits jetzt eine ausreichende Menge an Schnelltests zur Verfügung stehe. Der Bund bestelle sie zwar nicht direkt, habe sich aber von Herstellern versichern lassen, dass bis zu 50 Millionen Stück pro Woche bereitstünden. Derzeit würden Kommunen und Länder aber nur zehn Millionen pro Woche abrufen. Die Menge sei kein Problem, betonte auch Laumann - eher das dafür nötige Personal.

Auch bei den Selbst-Schnelltests, die ohne geübtes Personal zuhause vorgenommen werden können, gebe es keine Versorgungsprobleme, sagte Spahn. Einzelne Hersteller hätten ihm versichert, dass sie ab nächster Woche bis zu 20 Millionen Stück pro Woche liefern könnten. Es gehe mehr um die Frage, wie und wo etwa Schulen oder Betriebe sie bestellen könnten, was eine Länderangelegenheit sei. Er stelle sie den Ministerpräsidenten selbst gerne als Mittelsmann zur Verfügung. Einzelne Discounter wollen diese Selbsttests bereits ab Samstag anbieten.

Der Präsident des Deutschen Städtetages, Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung, warnte in der "Augsburger Allgemeinen" mit Blick auf die Verfügbarkeit: "Die Enttäuschung beim Start der Impfkampagne darf sich nicht wiederholen." Ein für den Nachmittag geplantes Treffen der Bundesregierung mit Wirtschaftsvertretern zum Testen in Betrieben wurde abgesagt. Ein neuer Termin stehe noch nicht fest, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Es gibt noch zu klärende Fragen."

Parallel zu den Schnelltests soll die Impfkapazität ausgebaut werden, weil pro Woche nun mehr Impfstoff auf die Länder verteilt werden soll. NRW-Gesundheitsminister Laumann kündigte an, dass im März die Kapazität der Impfzentren in dem Bundesland auf 200.000 Impfungen pro Woche aufgestockt werden soll. Ende März kämen dann die Hausärzte mit dazu, die mehr als eine Million Impfdosen pro Woche verabreichen könnten. Für deren Einbeziehung stünde derzeit aber noch nicht genug Impfstoff zur Verfügung. Die Impfstoff-Hersteller hätten der Regierung bisher zwar Lieferzahlen für April, aber noch nicht die genaue Abfolge der Lieferungen für das ganze zweite Quartal genannt, sagte Gesundheitsminister Spahn. Er kündigte an, dass in einem weiteren Schritt auch die Betriebsärzte einbezogen würden, um Firmen-Mitarbeiter zu impfen.

Während Mediziner weiter vor zu weiten Öffnungsschritten warnten, übten Wirtschaftsvertreter erneut Kritik. So bewertete etwa die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Ingrid Hartges, die jüngsten Bund-Länder-Beschlüsse mit Blick auf ihre Branche als "mangelhaft". Bei den Mitgliedern ihres Verbandes nähmen Enttäuschung, die Wut und Verzweiflung zu, sagte sie im Deutschlandfunk. Auch die Konzert- und Veranstaltungswirtschaft beklagte eine fehlende Perspektive.

rtr